Hart bedrängt durch studentische Proteste gegen den politischen Unsinn der Studiengebühren hat die CDU-Mehrheit in der Bürgerschaft die Einführung von 500 Euro allgemeiner Studiengebühren für das Sommersemester 2007 beschlossen. Für uns sollte das Anlaß sein, nun mit dem Boykott der Gebühren sowohl diesen Beschluß praktisch zu revidieren als auch die Inhumanität der in den Gebühren zum Ausdruck gebrachten Senatspolitik in der öffentlichen Auseinandersetzung noch stärker aufzudecken.
Das Senatsprogamm der "Akkumulation von Humankapital" am Wirtschaftsstandort ist anti-sozial, anti-demokratisch, antiemanzipatorisch und dekultivierend. Die krassen Reichtümer einiger weniger wachsen durch die kühle Ausbeutung der Arbeit der Mehrheit, die dadurch sozial, kulturell und ökonomisch verarmt. Mit dem Verkauf der Krankenhäuser, der Schließung öffentlicher Bücherhallen und der Law-and-Order Politik, wurde über die Bedürfnisse der Menschen hinweggetrampelt. Hochschulen und Studierenden wird eine öffentliche bedarfsdeckende Finanzierung politisch gewollt vorenthalten, um ihnen die Orientierung an partikularen Interessen profitabler Verwertung gegen die Ausrichtung am Gemeinwohl abzunötigen. Studiengebühren erhöhen diesen Druck, Dräger nennt das "Lenkungsfunktion". Das Desaster mit dem technokratischen Gängelungssystem „STiNE“ hat deutlich gezeigt, daß das Konzept der Hochschule als Untertanenfabrik in eine Sackgasse führt.
Die Hochschulen sind aktuell heiß umkämpft, weil in ihnen die humanistische Beantwortung der sozialen Grundkontroverse besonders nahe liegt. Spätestens seit die Studentenbewegung der 1960er und 1970er Jahre die soziale Öffnung (u.a. Gebührenfreiheit), teilweise Demokratisierung und kritischen Gesellschaftsbezug der Hochschulen hervorbrachte, ist mit den reformierten Hochschulen die - teilweise uneingelöste – Erwartung geistig reger, kritisch streitbarer Auseinandersetzung mit Politik und Kultur als Lebensweise verbunden. Mit dem Erkennen von Ursachen, Zusammenhängen, Verlaufsformen und möglichen Entwicklungsalternativen natürlicher, gesellschaftlicher und gedanklicher Prozesse werden die Möglichkeiten der bewußten, kooperativen Gestaltung der Lebensbedingungen entwickelt. Längst ist in Folge des sozialen, kulturellen, technischen und wissenschaftlichen Fortschritts der gesellschaftlich produzierte Reichtum so immens, daß die Bedürfnisse Aller an Essen, Kleidung, Wohnung und Gesundheit auf hohem Niveau befriedigt werden könnten und alle Menschen sich durch Wissenschaft, Kultur und Politik produktiv entfalten könnten.
Der Kampf gegen die Gebühren hat daher die Realisierung dieser Möglichkeiten zum Inhalt und Ziel. Mit dem Widerstand wurde bereits die vom Rechtssenat gewünschte Erhebung von 2500 € ab 2003 zurückgewiesen. Und auch mit der Verabschiedung des sogenannten Studienfinanzierungsgesetzes, das 500 € pro Semester ab Sommersemester 2007 vorsieht, ist das Engagement für Gebührenfreiheit nicht obsolet, sondern nur die Entscheidungssituation zugespitzt: Nach der Urabstimmung vor einem Jahr, Demonstrationen, der öffentlichen Anhörung, und der Initiative zum Verwaltungsgebührenboykott ist der Boykott der allgemeinen Studiengebühren der notwendige nächste Schritt. Studierende aus den fünf Bundesländern, in denen zum Sommersemester erstmals allgemeine Studiengebühren erhoben werden, haben gemeinsam den Boykott geplant, erste Vollversammlungen wie z.B. an der TU-Harburg haben bereits den Boykott beschlossen. Auf einer Vollversammlung sollten wir diese Lage diskutieren und den Boykott zum gemeinsamen Programm machen:
auf der zum Thema Studiengebühren und Einführung von „STiNE“ die Lage beraten und bewertet wird und insbesondere der unten abgedruckte Antrag zur Durchführung eines Boykotts der allgemeinen Studiengebühren behandelt, diskutiert und abgestimmt wird.
siehe: Boykottbeschluß der studentischen Vollversammlung vom 16.11.2006: