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FSRK

Der Fön in der Badewanne

Rüstungsrelevante Forschung an der Uni Hamburg

„Der entscheidende Schritt ist getan: Der Senat hat gestern die Errichtung des Marinemuseums von Peter Tamm im Kaispeicher B am Magdeburger Hafen beschlossen.[...] Die von Peter Tamm in fast 70 Jahren zusammengetragenen historischen Uniformen, nautischen Geräte, Waffen, mehr als 2000 Filme, 27 000 Schiffsmodelle, 35 000 Konstruktionspläne von Schiffen sowie Bücher und Fotos sollen auf einer Fläche von mehr als 11 000 Quadratmetern gezeigt werden. Die Investitionskosten (30 Millionen Euro) sind für die Herrichtung der Gebäude und Außenanlagen sowie für den Umzug des Museums von seinem jetzigen Standort an der Elbchaussee nötig.“

Hamburger Abendblatt, „Beschlossen: Tamm-Museum in HafenCity“, 07.01.2004. html

Zur Politik des Hamburger Rechtssenats - inzwischen alleinig von der CDU gestellt - gehört auch die zunehmende Militarisierung der Stadt, die mit Bundeswehr- Universität, Führungsakademie zur Offiziersausbildung und reichlich Rüstungsindustrie von Blohm & Voss bis Dasa ohnehin schon gut bestückt ist. Als kulturelle Frage verstanden beinhaltet die Militarisierung sowohl öffentliche Gelöbnisse der Bundeswehr auf dem Rathausmarkt, als auch die Unterstützung einer der größten privaten Militaria-Sammlungen. Mit 30 Millionen Euro Anschubfinanzierung aus dem sonst so knappen Kulturetat und der kostenlosen Bereitstellung eines wertvollen Traditionsgebäudes (Deutschlands ältestem erhaltenen Kaispeicher) werden Umzug und Umwandlung des "Instituts für Schifffahrts- und Marinegeschichte" zum "Internationale Schifffahrts- und Meeresmuseum Peter Tamm, Hamburg" gefördert. Eine eher auf Völkerverständigung orientierte Einrichtung wie das Völkerkunde- Museum wird stattdessen privatisiert und ist den Studierenden der Ethnologie und Völkerkunde nicht mehr zugänglich. Der ehemalige Chef des Axel-Springer Konzerns, „Professor“ Peter Tamm, inzwischen Herausgeber diverser kriegsverherrlichender Zeitschriften, darf sich also freuen.

Unter diesen politischen Bedingungen werden auch die Militärfreunde unter den Hamburger Wissenschaftlern munterer, wie zwei Beispiele aus jüngster Vergangenheit belegen.

So wurde kürzlich im Fachbereich Chemie ein Forschungsprojekt zu Retroviren vorgestellt, daß auch im Zusammenhang mit Pocken-Viren interessant ist und deshalb von der Bundeswehr finanziert wird. Was zunächst als humanes medizinisches Vorhaben daherkommt, wird fragwürdiger, wenn man weiß, daß die WHO die Pocken-Krankheit seit 1979 als weltweit ausgerottet erklärt hat und Pocken-Viren seitdem unter strengen Verschluß nur noch in der Hand der Militärs der USA und Russlands existieren. So sind die Gegenmittel also interessant nur im Zusammenhang mit Biowaffen.

Bemerkenswert ist auch ein gemeinsames Graduiertenkolleg von Meteorologen, Ozeanographen, Automatisierungs- und Verfahrenstechnikern, Schiffbauern und Mathematikern mit dem Titel „Erhaltungsprinzipien in der Modellierung und Simulation mariner, atmosphärischer und technischer Systeme“. Hier interessiert man sich unter anderem für die Optimierung von Energiegewinnung mit Brennstoffzellen und für möglichst geräuscharme Bewegung von Propellern in Flüssigkeiten. An dieser Stelle sei der Hinweis erlaubt, daß die HDW (Howaldsweke-Deutsche Werft AG) viel Geld mit brennstoffzellenbetriebenen U-Booten macht, die sich vor allem durch die Geräuscharmut des Propellerantriebs auszeichnen. Die HDW haben ein Büro im Geomatikum. Ein Schelm wer böses dabei denkt: Als der Akademische Senat kürzlich mehrheitlich die Fortführung des seit 1999 existierenden Kollegs beschloß, wurden kritische Äußerungen von studentischen Vertretern als Verleumdung abgetan und darauf verwiesen, daß Propeller schließlich auch in Fönen (Haartrockengeräte) verwendet würden. Nun kann man über die Sinnhaftigkeit eines möglichst leisen Föns noch nachdenken, ein brennstoffzellenbetriebener Fön wäre hingegen schon ein Kuriosum, gar nicht erschließt sich aber, was man mit einem Unterwasserfön anfangen soll. Der Vorschlag „Windkrafträder“ schien da schon plausibler, macht hier doch ein Brennstoffzellenantrieb Sinn, da Unterwasserwinde selten sind. Und die Fische haben es schön leise – ein Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung.

„Im Bewusstsein ihrer wechselvollen und widersprüchlichen Geschichte stellt sich die Universität Hamburg in die Tradition demokratischen Engagements und humanistischer Aufklärung“ heißt es in der Präambel zur inneruniversitär verabschiedeten Grundordnung. Die Uni Hamburg tut gut an der Schlußfolgerung, sich heute der Tradition des demokratischen Widerstands gegen den Faschismus und Krieg verpflichtet zu fühlen. So beteiligt sich die Universität aktiv am jährlichen Gedenken zur Reichspogromnacht. Dies muß aber über das Gedenken hinaus aktuelle Schlußfolgerungen implizieren. Statt die Augen gegenüber der zunehmenden Militarisierung international wie stadtpolitisch zu verschließen, muß Aufgabe der Wissenschaft sein, kritisch gegen die Ursachen von Krieg aufzuklären und zu ihrer Überwindung beizutragen. Dafür muß man bereit sein, sich auch mit den Profiteuren von Krieg und Rüstung anzulegen.

„Der Krieg wird nicht unnötig
Wenn er nicht geführt wird
Sondern nur, wenn er unnötig ist
Braucht er nicht geführt zu werden.“

Bertolt Brecht, Richtigstellung.


Das Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung ruft auf zum

Hamburger Ostermarsch
„Bundeswehr weltweit? Wir sagen Nein!”

Ostermontag, 12. April 2004
Auftakt: 12 Uhr, Ecke Holstenglacis/Holstentor
Abschluß: 14 Uhr, Landungsbrücken

http://www.fsrk.de/artikel_5.html [Stand 1. April 2004]


Der Fön in der Badewanne