„Insbesondere soll auch ein besonderes Augenmerk auf die Frage gelegt werden: Was ist eigentlich Reichtum? Wie wirkt sich dies aus? Wie reproduziert sich Reichtum usw.?“
Ja, woher kommt denn dieses unbekannte Ding: Reichtum? Mit Steuererleichterungen für Kapital und Reiche, Deregulierung der Arbeitsverhältnisse und der Banken, Austeritätspolitik und Krieg wurde die Ungleichheit über Jahrzehnte – nicht nur, aber auch in der Bundesrepublik – massiv gesteigert. Reichtum besteht ganz wesentlich im privaten Eigentum an Produktionsmitteln, somit der Macht zur Aneignung der Arbeit sowie zum gefügig machen der Gesetzgeber. Manchmal wird er auch plump vererbt (siehe Donald Trump).
Die Bundesregierung demonstriert, welchen ideologischen Verblödungsaufwand es erfordert, den Unterschied zwischen arm und reich sowie oben und unten auszublenden, um ihn aufrecht zu erhalten. Die Exzellenzinitiative für die Wissenschaft ist Teil dieses Problems. Hier soll mit einer konkurrenzhaft organisierten Verteilung staatlicher Gelder die Ablenkung vom Wesentlichen forciert werden.
Wenn z.B. im Hamburger Exzellenzcluster in den Geowissenschaften der Klimawandel hingenommen und erforscht wird, wie sich damit zu arrangieren sei, ist das eindeutig unsozial. Nicht nur, weil sich die Menschen in Bangladesch keine Dämme leisten können, sondern auch, weil es nur ganz wenige sind, deren Gewinne schwinden, wenn eine rationale Alternative gebildet wird zu all dem, was das Klima zerstört. Im Exzellenzcluster für nano-Physik wird an Multipler Sklerose gearbeitet. Dabei wird der Mensch aber ausgehend von der reduktionistischen Perspektive pharmakologischer Behandlung pur biochemisch, also gar nicht begriffen, statt Leistungsdruck und Entfremdung der Konkurrenzgesellschaft als wesentliche, überwindbare Faktoren von Autoimmunerkrankungen zu reflektieren. Der inhaltlich sinnvollste Exzellenzcluster an der Uni Hamburg befasst sich mit der Rettung alter Schriftdokumente vor den Folgen von Verwüstung, Elend und Krieg. Doch auch hier gilt: alle Wissenschaftsbereiche müssen für die Überwindung von Verwüstung, Elend und Krieg zusammenarbeiten. Wird nur die Rettung von Elementen der Kulturgeschichte finanziert, und dafür alles andere ausgedünnt, soll der Krieg akzeptiert werden und auch das humanistische Anliegen der Beteiligten an dieser Arbeit kommt nur deformiert zur Geltung.
Die Alternative zu dieser künstlich gemachten Abwendung vom sozialen Leben gibt es bereits. Sie besteht gerade in Studium, Lehre und Forschung, die auf die Aufhebung der sozialen Gegensätze gerichtet sind: Arbeit hin auf Rüstungsstopp, Abrüstung und maximal entwicklungsorientierten internationalen Austausch; Arbeit für soziale Progression hier wie weltweit; für eine nachhaltige, gedeihliche Stadtentwicklung; für eine geschichtsbewußte Alltagskultur. Die so zu gewinnenden Erkenntnisse materiell wirksam zu verallgemeinern ist die wesentliche produktive menschliche Potentialität aller für eine bessere Wirklichkeit. So ist auch jegliche Austeritätspolitik und insofern auch die Unterfinanzierung der Hochschulen zu überwinden.
Die Exzellenzinitiative ist dagegen der Versuch der Verlängerung des unproduktiven Elends mit schönem Schein. Sie ist zu ersetzen durch eine Finanzierung der Wissenschaft, die in Weise und Umfang dazu geeignet ist, allen zu ermöglichen, an einer menschenwürdigen Entwicklung zu arbeiten.
„[...] wenn Findigkeit Vorteile bringt; wenn Gerechtigkeit Nachteile verursacht – dann ist man egoistisch. Wenn man keinen Egoismus haben will, dann muss man nicht gegen ihn reden, sondern einen Zustand schaffen, wo er unnötig ist.“
Die Unterschriftenliste (pdf und weitere Infos zur Kampagne gibt es unter: www.unifüralle.de.