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FSRK

Semesteranfangsinformationsbroschüre

der Fachschaftsrätekonferenz Sommersemester 2001

Editorial

„Eigentum verpflichtet„
Zum hochschulpolitischen Engagement des CHE und der Handelskammer zu Hamburg

Populistisch * Reaktionär * Ordentlich überflüssig
Die Kombination von Neoliberalismus und traditionell Reaktionärem auch in Schills Bildungspolitik

Für "Ehre, Freiheit, Vaterland !"
Vergangenheit und Gegenwart der Burschenschaften

Das Hamburgische Hochschulgesetz (HmbHG)
- grün oder sozial und demokratisch?

Das HmbHG steht kurz vor der Beschlußfassung

Fachschaftsräte wieder in den AStA!


Editorial

Trotz rot-grüner Regierungen in Land und Bund steht die von vielen erhoffte Reformpolitik weiterhin aus. Politisch wird weitgehend dem Druck von rechts nachgegeben, während Druck von linker Seite nur schwach entwickelt ist.

In dieser Broschüre soll deutlich werden, daß der politische Druck von rechts wesentlich im Interesse des Kapitals ausgeübt wird und von diesem ausgeht (siehe Artikel „Eigentum verpflichtet„). Dabei erhält es Unterstützung von konservativen und reaktionären Parteien, deren exponiertestes Beispiel in Hamburg die Schill-Partei ist (siehe Artikel „populistisch * reaktionär * ordentlich überflüssig„). An den Hochschulen werden rechte Positionen insbesondere durch die Burschenschaften und ihnen nahestehende Hochschulgruppen vertreten (siehe Artikel „Ehre, Freiheit, Vaterland!„). Die aktuellen Auseinandersetzungen um die Änderung des Hamburgischen Hochschulgesetzes lassen jedoch aufscheinen, daß trotz tendenzieller Rücknahme sozialstaatlicher Errungenschaften fortschrittliche Reformen möglich sind (siehe Artikel „Das HmbHG- grün oder sozial und demokratisch„). Es wird jedoch auch deutlich, daß es hierfür kritischen Wirkens aus der außerparlamentarischen Bewegung bedarf. Der Verfaßten Studierendenschaft und in ihr den Fachschaftsräten (siehe Artikel „Fachschaftsräte wieder in den AStA„) sollte hierbei eine entscheidende Bedeutung zukommen.

Wir wollen mit dieser Broschüre die Möglichkeit geben, sich für diese Auseinandersetzung zu qualifizieren und zu einer Stärkung der VS beitragen.

Die Fachschaftsrätekonferenz wünscht erkenntnisreiches Lesen und produktive Diskussion!


„Eigentum verpflichtet“
Zum hochschulpolitischen Engagement des CHE und der Handelskammer zu Hamburg

Die aktuelle Hochschulreformdebatte

Die Hochschulen in Deutschland stehen derzeit unter einem hohen Druck einen prinzipiellen Strukturwandel zu vollziehen. Die Entwicklungsrichtung dieses Strukturwandels ist wesentlich zu kennzeichnen als Privatisierung und damit verbundene Entdemokratisierung: staatliche Hochschulfinanzierung soll der Finanzierung durch private Geldgeber und gebührenzahlende Studierende weichen, Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Mitglieder der Hochschule in den Gremien der Selbstverwaltung sollen durch betriebswirtschaftliche Managementstrukturen ersetzt werden, statt einer eigenverantwortlichen wissenschaftlichen Weltaneignung soll die arbeitsmarktorientierte Berufsausbildung als Aufgabe des Hochschulstudiums gelten. (siehe hierzu auch HmbHG-Artikel Seite 10.

Die tatsächliche Umsetzung dieser Orientierung wäre die grundlegendste Änderung des Hochschulwesens seit den Reformen Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre. Damals wurde die Überwindung der elitären Ordinarienuniversität erreicht: Öffnung und Ausbau der Hochschulen, Abschaffung von Studiengebühren, Verbesserung der Ausbildungsförderung, Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Mitglieder aller Statusgruppen an der Hochschule, stärkere Orientierung auf kritische Wissenschaftsinhalte.

Wurden diese Reformen als gesellschaftliche Entwicklungsnotwendigkeit jedoch damals von der linken Studierendenbewegung im Bündnis mit Gewerkschaften und anderen fortschrittlichen Organisationen der außerparlamentarischen Bewegung erstritten, so ist es diesmal vor allem das Kapital, welches seit Anfang der neunziger Jahre den entscheidenden politischen Druck für den Wandel des Bildungssystems ausübt.

Die gesellschaftlichen Voraussetzungen

Das Kapital scheint derzeit weltweit auf dem Vormarsch zu sein, bestimmt durch enorme Konzentrationsbewegung (Vodafon kauft Mannesmann, Daimler kauft Chrysler, Allianz kauft Dresdner Bank) und Rekordprofite insbesondere bei den Banken (Deutsche Bank: 10 Milliarden DM Gewinn im Jahr 2000). Diese Entwicklung findet verstärkt seit 1989 statt, seit dem Wegfall der Systemkonkurrenz. Zum einen drängen die kapitalistischen Metropolen in die Länder des ehemals real existierenden Sozialismus, um sowohl Rohstoffgebiete als auch neue Absatzmärkte zu erschließen. Dies führt zu einer deutlichen Brutalisierung, wie insbesondere der NATO-Angriffskrieg auf Jugoslawien gezeigt hat. Zum anderen hat der Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus zu einer deutlichen Schwächung der linken Kräfte, insbesondere im außerparlamentarischen Bereich, geführt, die auf diesen mehr oder weniger bewußt – manche vorwiegend positiv, andere vor allem kritisch – bezug genommen hatten. Als beredte Beispiele mögen hier die großen Hochschulgruppen der 70er und 80er Jahre (der Marxistische Studentenbund (MSB), der Sozialistische Hochschulbund (SHB) und die jusos) oder die Gewerkschaften gelten, die mit dem Verweis auf soziale Standards in der damaligen DDR bei Tarifverhandlungen den „dritten Verhandlungspartner“ mit am Tisch hatten. Diese Kräfte haben dafür gestritten, kapitalistisches Profitstreben und Konkurrenzprinzip zumindest zu bändigen.

Durch die derzeitige Kapitalkonzentration und Schwäche der Gegenkräfte findet eine enorme Machtkonzentration beim Großkapital statt. So werden Regierungsprogramme bestimmt (Atom„ausstieg“), Gesetze präjudiziert (Steuerreform hin aufnoch stärkere Umverteilung von unten nach oben) oder offen mißachtet (CDU-Schwarzgeldaffäre, Ladenschlußgesetz) und Rücktritte von Ministern forciert (Oskar Lafontaine). Ziel des Wirkens ist dabei die Durchsetzung neoliberaler Politik. Sozialstaatliche Abfederung und demokratische Regulierung der Konkurrenz aller gegen alle soll beseitigt werden, um staatliches Handeln darauf zu reduzieren, die infrastrukturellen Voraussetzungen zu schaffen fur das ungehemmte Agieren des Kapitals.

Um eine solche Politik durchsetzen zu können, die so entschieden im Interesse einer gesellschaftlichen Minderheit gegen die Interessen der Mehrheit der Menschen ist, wird vom Kapital einiger ideologischer Aufwand betrieben. Hier wird also nicht das eigene Interesse autoritär oder gar mit physischem Zwang durchgesetzt, sondern vielmehr Propaganda betrieben, um Interessengegensätze und soziale Widersprüche zu verschleiern und die eigene Politik als sowohl im „Gemeininteresse“ als auch alternativlos darzustellen.

Eine solche Politik, die darauf abzielt, die hegemoniale Macht über die Deutung gesellschaftlicher Verhältnisse zu erlangen, wird insbesondere in den Hochschulen betrieben. Hier besteht von der Seite des Kapitals ein besonderes Interesse, weil durch den hohen wissenschaftlich-technischen Fortschritt (bspw. Entwicklung im IT-Bereich, Gentechnologie) der hochqualifizierte Mensch immer wichtiger für gesellschaftliche Entwicklung wird. Zum einen werden dadurch die Hochschulen als Ort massenhafter wissenschaftlicher Weltaneignung immer bedeutender für gesellschaftliche Deutung, zum anderen finden wissenschaftliche Erkenntnisse immer direkter Anwendung in der Produktion. Deswegen will das Kapital direkten Zugriff auf Institutionen der Bildung und Wissenschaft erlangen, um sowohl die Deutungshegemonie auszubauen, als damit auch dafür zu wirken, daß in den Hochschulen Wissenschaft „just-in-time“ für die Realisierung der Profite und devote Studienabgänger, die sich willig auf dem Arbeitsmarkt feilbieten, produziert werden.

So wird die aktuelle hochschulpolitische Debatte um die Privatisierung und Entdemokratisierung unter anderem vom dem Deutschen Industrie- und Handelstag oder dem Bundesverband der Deutschen Industrie und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (die bereits 1990 einen Kongreß zur neoliberalen Hochschulpolitik durchführten) betrieben. Bundesweit exponiertester Vertreter der Hegemoniepolitik im Hochschulbereich ist der Bertelsmannkonzem über das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). In Hamburg agiert in besonderer Weise die Handelskammer.

Die Politik des Bertelsmannkonzerns und der Handelkammer

Der Bertelsmannkonzem ist mit mehr als 32,4 Milliarden DM Umsatz und einem Gewinn von 1,34 Milliarden DM im Jahr 1999 (Tendenz steigend) der drittgrößte Medienkonzern der Welt. Die bekanntesten Aktivitäten sind Verlage (Springer, Gruner+ Jahr), Zeitungen und Zeitschriften (Stern, Geo, Brigitte, Capital, Marie Clair), TV (RTL, VOX, Premiere) und Internetdienste (AOL/CompuServ). Die Familie Mohn als Hauptaktionär übertrug 1993 knapp 70% Prozent des Grundkapitals an die Bertelsmannstiftung, verfügt aber trotzdem noch über knapp ein Viertel des Gesamtkapitals.
Sinn dieser Stärkung der Stiftung, ursprünglich wahrscheinlich aus Steuergründen gegründet, war die Schaffung eines wirksamen Instruments für hegemoniepolitische Auseinandersetzungen. Die Stiftung ist scheinbar unabhängig vom Konzern, dieser betreibt aber durch die Besetzung der entscheidenden Posten Politik im eigenen Interesse. Um einen möglichst hohen gesellschaftlichen Wirkungsgrad zu erzielen, werden bei den Projekten der Bertelsmannstiftung stets staatlich-hoheitliche Institutionen eingebunden, wobei natürlich immer die Meinungsführerschaft des Konzerns gesichert wird.

So ist es der Bertelsmannstiftung gelungen, bei der Gründung des Centrums für Hochschulentwicklung im Jahr 1994 sowohl den Bundespräsidenten als auch die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) einzubinden, den Vorsitz allerdings hat das ehemalige Vorstandsmitglied des Bertelsmannkonzems, Detlef Müller-Böling.

Seit seiner Gründung betreibt das CHE die eingangs dieses Artikels beschriebenen neoliberalen Umstrukturierungen der Hochschulen. Dabei werden die Möglichkeiten des Bertelsmannkonzems umfassend genutzt. Mit unentwegter Präsenz in den hauseignen Medien werden Studiengebühren gepriesen, in Sonderheften des „Stern“-Magazins werden „Hochschulrankings“ veröffentlicht, in denen formalisierte Studiengänge mit einem Höchstmaß an Restriktionen als Nonplusultra gelten, auf Symposien und Kongressen wird die Entdemokratisierung der Hochschulen abgefeiert und mit dem reichlich vorhandenen Kapital werden die staatlich unterfinanzierten Hochschulen unterstützt, wenn sie all die Maßnahmen zur Verwertungsorientierung von Bildung und Wissenschaft in Modellversuchen umsetzen.
Dabei geht es erst in zweiter Linie darum, die einzelnen propagierten Maßnahmen tatsächlich durchzusetzen. Vor allem wird eine allgemeine Umdeutung forciert, in der die Privatisierung als Demokratisierung verkauft wird. So sind Studiengebühren auf einmal sozial gerecht und der Abbau inneruniversitärer Gremien stärkt angeblich den eigenständigen Einfluß der Hochschulen auf Bildung und Wissenschaft.

„Es geht hier eben nicht nur um »reine Ökonomie«, nicht nur um billige, kurzfristig verwertbare Arbeit in Forschung und Lehre oder auch nur billige und kurzfristig abgeschlossene Ausbildung (so vor allem in den neuen Bachelor-Studiengängen); es geht darüber hinaus, aber ebenfalls nicht nur, um eine Ausrichtung, nicht zuletzt ideologische Ausrichtung des Studiums allein auf Marktprinzipien, auf ein Selbstverständnis der Qualifikation, wonach diese nichts anderes mehr darstellen soll, als eine ‚Investition in die eigene Person‘, (deutlich bei Studiengebühren und der Propagierung ihrer biographischen Rentabilität als Maßstab). Um all das geht es zwar auch, aber letztlich geht es um hochschulpolitisch-ökonomische Perspektiven: um die Durchsetzung einer Sachgerechtigkeit als Prinzip, um eine mentale Einstimmung, die sich jedes Fragen oder gar In-Frage-Stellen bzgl. der Bedingungen von Vorgängen oder Maßnahmen verbietet, diese gleichsam als religiös oder naturgesetzlich hinnehmend. Und dies ganz entgegen jeder aufgeklärten Perspektive und der aufklärerischen Funktion von Hochschule, die Menschen aus ihrer Opferrolle herauszuholen, sie als Handelnde verstehbar und die Bedingungen dafur ihnen selbst erkennbar zu machen. [ ... ] Es geht dabei um den Versuch einer Ersetzung von Politik durch marktgesetzliche Sachgerechtigkeit und um den Aufbau von Strukturen, deren Sinn es nicht zuletzt ist, jeden Widerstand als widersinnig, als Selbstschädigung der Subjekte, die ihn leisten, zu verstehen.“

(„Private Berater“, Prof. Dr. Martin Bennhold, Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, 1999)

Unter scheinbar naturgesetzlichen, also nicht von Menschen gemachten Verhältnissen, sollen gegensätzliche Interessen in eins fallen. Das Interesse des Arbeitnehmers sei identisch mit dem Interesse des Arbeitgebers – als persönliche Einheit von Kapital und Arbeit. Statt solidarisch mit anderen für die Verbesserung der allgemeinen sozialen Bedingungen zu wirken, bleibt dem Einzelnen unter solchen Voraussetzungen nichts anderes, als sich in Konkurrenz zu den Mitmenschen durchzusetzen und sich devot auf dem Markt zu verkaufen. Damit wird dem entsprochen, was der neoliberale Hauptideologe und Nobelpreisträger F.-K. Hayek bereits 1948 formulierte: „Das System funktioniert unter der Bedingung, daß der einzelne bei seiner Teilnahme an sozialen Prozessen bereit und willig sein muß, sich Änderungen anzupassen und Konventionen zu unterwerfen, die nicht Ergebnis vernünftigen Planens sind“.
Mit der gleichen Perspektive greift in die bildungspolitische Auseinandersetzung auch die Hamburger Handelskammer ein. Die älteste Handelskammer Deutschlands, an deren Sitz später das Rathaus angebaut wurde, hat 1999 eine Broschüre vorgelegt „Hamburger Hochschulen reformieren – mehr Freiheit für untemehmerisches Handeln“, in der – der Titel läßt es ahnen – übereinstimmend mit dem CHE argumentiert wird. Daß auch die Handelskammer die persönliche Einheit von Kapital und Arbeit ideologisch forciert, und den Karrierismus als einzig nutzvolle Lebensperspektive nahe legt, wird besonders deutlich in der in diesem Jahr vorgelegten Broschüre zur Schulpolitik, „Hamburgs Schulen auf Leistungskurs bringen - Schüler auf das Berufsleben vorbereiten“: „Unter den vielen wichtigen Aufgaben der Schule besteht die Hauptaufgabe darin, dass junge Menschen nach dem Durchlaufen der Schule in der Lage sind, ein eigenes Arbeitseinkommen zu erzielen, das ihnen die Entfaltung ihrer Lebensmöglichkeiten in vernünftiger Weise erlaubt.“

Die Möglichkeit fortschrittlicher Hochschulpolitik Aufgabe der Institutionen von Bildung und Wissenschaft sollte jedoch weniger sein, die Menschen in die Lage zu versetzen, sich in irgendeiner Weise auf dem Arbeitsmarkt feil zu bieten, als vielmehr über massenhafte Qualifizierung die Einsicht in die je eigenen Lebensbedingungen und die Erkenntnis des verallgemeinerbaren Interesses zu ermöglichen. So sollten die Menschen befähigt werden, die gesellschaftlichen Verhältnisse in ihrer historischen Gewordenheit zu erkennen, um sie selbsttätig im eigenen Interesse verändern zu können. In diesem Sinne müssen wissenschaftliche Inhalte darauf gerichtet sein, die globalen und sozialen Probleme (Krieg, Armut, etc.) und ihre Ursachen zu analysieren und zu ihrer Überwindung beizutragen. Um diese Position durchsetzungsfahig zu machen muß jedoch von den Hochschulmitgliedern die Hegemonieauseinandersetzung um die Zielbestimmung von Bildung und Wissenschaft geführt werden – Hochschulen zur Profitsicherung oder für humanistische Nützlichkeit – und die Demokratisierung der wissenschaftlichen Institutionen erstritten werden. Das bedeutet, die neoliberale Hegemonie in diesen Institutionen zu kritisieren und den Konsens mit ihr zu brechen sowie in den Institutionen den demokratischen Prozeß zur humanistischen Zielbestimmung der Wissenschaft zu organisieren, so daß die aktuellen Dominanz der Marktideologie überwunden und das Bildungssystem zur sozialen Befreiung im gesellschaftlichen Prozeß wirksam werden kann. Hierfür kann und muß auf die ehemals selbst in politischen Auseinandersetzungen erstrittenen Möglichkeiten kritischen Wirkens in den Hochschulen zurückgegriffen werden, die immer noch vorhanden und weiter auszubauen sind. So müssen vor allem die Möglichkeiten der Verfaßten Studierendenschaft genutzt werden, um als politische Interessenvertretung aufklärerisch in die politischen Auseinandersetzungen auf dem Campus und darüber hinaus einzugreifen.


Populistisch * Reaktionär* ordentlich überflüssig

Die Kombination von Neoliberalismus und traditionell Reaktionärem auch in Schills Bildungspolitik

„Die P.R.0.-Partei ist der Ansicht (...), dass Unterschiede und Vielfalt Bereicherung bedeuten und dass nichts so ungerecht ist wie die gleiche Behandlung Ungleicher.“

(Zitate aus dem Programm der Schill-Partei.)

Verquollen starrt der agressiv-rechte Palit-Aufsteiger Schill aus Hamburger Postillen; alle sind sich einig – der ist rechts, das darf nicht sein. Alle? Anfang des Jahres ergaben Umfragen, dass neun Prozent der Hamburger bei den Bürgerschaftswahlen gewillt sind, der Schill-Partei ihr Vertrauen auszusprechen; die CDU erhofft sich hierin die letzte Rettung aus der Dauer-Opposition.

Die Schill-Partei will konsequente wirtschaftsliberale Politik betreiben, die die Funktion des Staates im Wesentlichen in der öffentlich finanzierten Förderung wirtschaftlichen Wachstums sieht. Sämtliche noch verbliebene Steuer„-Belastung“ von Industrie und Handel soll zurückgefahren werden.

Sozialpolitik sei, wenn man die „Wiedereingliederung und soziale Motivation von Langzeitarbeitslosen und Sozialhilfeempfängern durch Koppelung von Leistungsansprüchen an Arbeitsbereitschaft“ erreiche, Menschen also zwingt, niedrigqualifizierte Jobs anzunehmen („z.B. bei der Stadtreinigung, Beaufsichtigung von Kinderspielplätzen, Kontroll- und Überwachungsdiensten in öffentlichen Verkehrsmitteln und der Innenstadt“). Irgendwie geschützt gehöre dann „die Familie als Keimzelle der Gesellschaft“ – vor allem, weil wohl ehedem öffentlich realisierte und solidarisch finanzierte Aufgaben in Erziehung, Kranken- und Altenversorgung dorthin verlagert werden sollen. Außerdem solle der Staat für die Abschiebung aller straffälligen oder Hilfsleistungen empfangenden Ausländer sorgen („Durchsetzung von § 46 Nr. 6 des Ausländergesetzes, demzufolge Sozialhilfebezug ein Ausweisungsgrund ist.“), jugendliche Straftäter möge man endlich in „unwirtliche Einzelzellen“ stecken und mit Züchtigung strafen.

Die Schill-Partei braut mit ihrer Programmatik eine explosive Mischung aus neoliberaler Wirtschaftspolitik und traditionelleren Mustern rechter Ideologie: Sie ruft tradierte Ressentiments und Angst vor sozialer Deklassierung auf, diskreditiert den Sozialstaat als Urheber sozialer Härten, propagiert als Ausweg die kommerzielle Durchdringung fast aller gesellschaftlichen Bereiche und deutet die staatliche Unterdrückung aller Symptome sozialer Unzufriedenheit mittels Polizei, Verfassungsschutz und Militär als notwendigen ‚Schutz des Volkes‘ vor Schmarotzern.

Zu Grunde gelegt ist diesem Programm ein Gesellschaftsverständnis, dass von der notwendigen Konkurrenz aller ausgeht, in der sich die – von Natur aus ungleichen – Individuen zu behaupten haben. Wer sich in dieser Konkurrenz nicht durchsetzt, muss mit den Folgen seines „Versagens“ alleine fertig werden und sich staatlichen Zwangsmaßnahmen beugen. Zwang sei das einzige Mittel, Menschen zu individueller Entwicklung zu verhelfen.

Besonders deutlich wird diese antihumanistische Haltung am bildungspolitischen Programm der Schillpartei. Die in der sozial-liberalen Reformära der 70er-Jahre angestrebte Orientierung auf selbstständiges Lernen, kritisches Hinterfragen von Lehrinhalten und der Grundsatz, allen Menschen Entwicklungsfähigkeit zuzumessen, sind für Schill von Übel („Permanente Schulreform hat, außer in den großen süddeutschen Bundesländern, mittels Gleichheitsutopie, Lustprinzip und Machbarkeitswahn herkömmliche, funktionstüchtige Schulen weitgehend demontiert, um via Schule zu einem Umbau der Gesellschaft im Sinne linker Theorie zu gelangen“). Stattdessen müsse man über verstärkte Restriktionen – Wiedereinführung von Kopfnoten in Schulen, weitere Kanonisierung des Lehrplans und Studiengebühren – Zucht und Ordnung in deutschen Bildungsinstitutionen wieder Geltung verschaffen. Anstatt zu versuchen, soziale Hürden beim Bildungszugang zu überwinden, sollen sie durch gezielte Förderung der ‚hellen Köpfe‘ und ‚dummheitsgerechter‘ Niedrigqualifizierung des Restes verstärkt werden. Die Ungleichheit von Menschen sei als natürlich hinzunehmen und als Bereicherung zu begreifen, keinesfalls zu überwinden. („Sie [die Schill-Partei] wirbt für die Bereitschaft, die Unterschiede und die Vielfalt der Menschen zu akzeptieren.“)

Schill –
Abseitiger Anachronismus oder Katalysator der Brutalisierung gesellschaftlicher Auseinandersetzungen in Hamburg?

Der Kern des Programms ist neoliberal, weil es die Konkurrenz der entfesselten Marktwirtschaft zum gesellschaftlichen Naturzustand erklärt und entsprechend alle staatliche Regulierung auf die Sicherung (im engsten Wortsinne) des Standorts reduzieren will. Der Verunglimpfung aller Errungenschaften des Sozialstaats als Entwicklungshemmnisse für die deutsche Wirtschaft kommt daher eine zentrale ideologische Funktion zu. Durch die schnöde Behauptung, freie, prosperierende Wirtschaft bedeute viel Wohlstand für alle, werden Kapitalinteressen mit denen der Bevölkerungsmehrheit gleichgesetzt.

So zeigt sich Schill einerseits modern, denn der internationalen Konkurrenz stellen soll sich auch der deutsche Arbeitnehmer. Damit dieser das aber auch tut, anstatt sich mit seinen ausländischen Kollegen für mehr und bessere Arbeit zu solidarisieren, soll er von dessen Minderwertigkeit ebenso überzeugt sein, wie von seinem eigenen Versagen, wenn er in der Konkurrenz unterliegt.

Doch gibt sich die Schill-Partei andererseits nicht selten auch plump-reaktionär: Kopfnoten und „Maßnahmen zur Disziplinierung“ von Schülern und schlecht verschleierte Ausländerfeindlichkeit mit der Konsequenz äußerst repressiver Ausländerpolitik sind nur zwei Beispiele für altertümlich anmutende Forderungen Schills. Sie scheinen neoliberalen Maßnahmen, wie der Elitenrekrutierung durch die Kombination von Konkurrenzdruck und sozialer Förderung im internationalen Wettbewerb diejenigen herauszufiltern, die sich bei hoher Qualifikation am besten eigenständig unterordnen, zu widersprechen.

Die Widersprüchlichkeit der Programmatik liegt also darin begründet, dass sie Verhältnisse legitimieren soll, die für die meisten Menschen soziale Deklassierung, Erniedrigung und Ausbeutung bedeuten. Anvisiert wird die neoliberale Durchdringung aller gesellschaftlichen Bereiche von Verwertungslogik. Sich der brutalen Konkurrenz einer restlos durchkapitalisierten Gesellschaft auszusetzen, soll durch das Versprechen schmackhaft gemacht werden, zu den „Gewinnern“ gehören zu können und/oder in der vorgeblichen Alternativlosigkeit gesellschaftlicher Entwicklung begründet sein. Deshalb sind Schills ‚Schädlinge und Schmarotzer‘ immer die Anderen, die kriminellen Ausländer, die Arbeitslosen, die nicht arbeiten wollen, oder die Dummen – wer zählt sich schon selbst dazu?

Populistisch-verlogen werden Abstiegsängste geschürt und Bedrohungen aufgebauscht, um den Ruf nach einer restriktiven Ausländer-, Sicherheits- und Bildungspolitik zu untermauern. („Jeder in dieser Stadt ist potentielles Opfer dieser Beschaffungskriminalität.“)
Kriminalität, Migration oder Armut werden bei Schill dem Prinzip der Sozialstaatlichkeit oder vermeintlichen Eigenheiten „ethnischer Gruppen“ angelastet, anstatt dass sie auf ihre realen ökonomischen und politischen Ursachen zurückgeführt würden.

Damit wird der gesellschaftliche Druck auf die Regierung, sozialstaatliche Errungenschaften zu Gunsten einer restriktiven Ordnungspolitik und einer offensiven Wirtschaftsförderung abzubauen, verschärft. Da die rot-grüne Landesregierung mangels einer starken linken Opposition diesem Druck stetig nachgibt, betreibt sie selbst in Teilen anti-egalitäre Politik vor allem im Bereich der Ausländer-, Sozial- (aktivierender Staat) aber auch zunehmend der Bildungspolitik und ist nicht in der Lage, politisch-inhaltlich nachdrücklich gegen Schill zu agieren.

Damit wieder verstärkt Egalität und soziale Gerechtigkeit Maßstab von Reformpolitik werden und „Weltoffenheit und Toleranz“ keine liberalen Leerformeln bleiben, bedarf es einer starken gesellschaftlichen Opposition. Aufklärung über anti-egalitäres und repressives Weltverdunklertum ‚Marke Schill‘ sind Vorraussetzungen für eine soziale und demokratische Veränderung dieser Gesellschaft. Von der prinzipiellen Gleichheit aller Menschen ausgehend, muss Ziel fortschrittlicher Politik sein, soziale Gleichheit als Grundlage freier Entwicklungsmöglichkeiten der Einzelnen zu erstreiten. Maßgebliche Kraft für eine solche Politik kann und sollte verstärkt die Verfaßte Studierendenschaft sein.


Für „Ehre, Freiheit, Vaterland!“

Vergangenheit und Gegenwart der Burschenschaften

„Vaterland, das teure Trachten
nach der Einheit der Nation,
klingt auch denen, die verschmachten,
als ein liebvertrauter Ton.
Weder Grenzen noch Gewalten
können unser Vaterland
je mit List und Lüge spalten,
denn es bindet Blutes Band.“

aus: Als ein Bund für Deutschlands Einheit, Text: Jürgen Borgwardt, Burschenschaft Germania Königsberg zu Hamburg, 1984.

Zu den Wahlen zum Studierendenparlament (Stupa) im Januar 2001 trat auch eine „hochschulpolitische Gruppe“ namens V.O.L.K. an, deren Abkürzung für „verantwortlich, objektiv, loyal und konservativ“ steht. Sie erhielten 1,45% der abgegebenen Stimmen und werden nun im kommenden Stupa ihre Klientel vertreten. In ihrer – in Rechtschreibung und Grammatik eher vom Kneipenabend geprägten – Vorstellung geben sie an, sie wollten „links- oder rechtsanhängige Aktionen“ verhindern, die Ausgaben für „volkszugehörigkeitsbedingte (...), sexuelle (...) u.a. Minderheiten“ einschränken und für die „berufliche Zukunft und Karriere“ ihrer Anhänger sorgen. Tatsächlich ist zu vermuten, daß sich ihr Widerstand gegen „rechtsanhängige Aktionen“ in Grenzen halten wird, denn die Mitglieder von V.O.L.K. sind zudem Angehörige der Burschenschaft „Germania Hamburg“ bzw. der „Germania Königsberg zu Hamburg“ und begrüßen sich mit dem – vorbelasteten- Gruß „Heil“. Der frühere Sprecher der „Germania Hamburg“, Andre Goertz, war gleichzeitig Hamburger Vorstand der inzwischen verbotenen Freiheitlichen Arbeiterpartei (FAP), deren Kontaktadresse das Verbindungshaus der „Germanen“ wurde. Diese Mitglieder von V.O.L.K. vertreten somit keine demokratischen Prinzipien, sondern folgen einem dumpf reaktionären Nationalismus, der bis hin zu völkischen und rechtsextremen Positionen reicht. Da sie in Zukunft innerhalb der Verfaßten Studierendenschaft (VS) agieren werden, ist ihre Positionierung aus der Entstehung und Gegenwart der Burschenschaften herzuleiten, um ihre antidemokratische Gesinnung, zu entlarven.

Entstehungsgeschichte der Burschenschaften

Die Geschichte der Burschenschaften ist von ihrer Gründung bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts durch den Gegensatz von einerseits bürgerlichen-liberalen Freiheitsgedanken und anti-feudalistischen Einstellungen und andererseits anti-aufklärerischem Denken und Antisemitismus bestimmt.

Der Ursprung der Burschenschaften ist in den „Befreiungskriegen“ von 1813/14 zu suchen, als Studenten, die in Freikorps gekämpft hatten, heimkehrten. Sie wehrten sich gegen die aufkommende Restauration, durch welche die Landesherren die seit der französischen Okkupation in Auflösung befindlichen feudalistischen Herrschaftsstrukturen wiederherzustellen und zu festigen suchten. Sie wollten „Leben und That für Vaterland und Menschheit“ einsetzen sowie „gegen fremde Untetjochung und Despotenzwang“ ankämpfen. Gegen den Gedanken der französischen Revolution von „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“, der von der Gleichheit aller Bürger ohne Unterschied ausgeht, wählten sie die am „Volksgedanken“ orientierte Losung „Ehre, Freiheit, Vaterland“, die die Freiheit aller „deutschstämmigen“ Bürger propagiert und den Ehrbegriff über die Freiheit stellt. 1815 – zur Zeit des Wiener Kongresses, der die Restauration zur Staatsdoktrin erhob – wurde die sogenannte Jenaer Urburschenschaft gegründet, die sich an einem germanisch-christlichen Ethos orientierte, das Ausländer und Nichtchristen ausschloß, und außerdem – ausgehend von einem durch Korpsgeist geprägten Patemalismus – die Mitgliedschaft von Frauen untersagte. Bis heute ist „Ehre, Freiheit, Vaterland!“ Leitspruch der meisten Burschenschaften geblieben.

Auf dem berühmten Wartburgfest von 1817 wurde demonstriert für „Freiheit und Gerechtigkeit“ und der Rousseausche „Gemeinwohl“-Gedanke sollte Leitlinie universitären Wirkens werden. Gleichzeitig wurde aber auf der abendlichen Abschlußkundgebung eine Bücherverbrennung inszeniert, bei der Bücher von den Burschenschaften feindlich gesinnten Schriftstellern den Flammen preis gegeben wurden. Zudem wurden der „Code Napoleon“, der die Gleichheit aller Staatsbürger postulierte, und die Schriften von Schriftstellern jüdischen Glaubens verbrannt mit dem Ausspruch: „Wehe über die Juden, so da festhalten an ihrem Judenthum und wollen über unser Volksthum und Deutschthum schmähen und spotten!“

Die Ermordung des Diplomaten und Schriftstellers Kotzebue 1819, der sich burschenschaftskritisch geäußert hatte, durch den Gießener Burschenschafter Karl Sand war für die monarchisch-reaktionäre Regierung des Deutschen Bundes ein willkommener Anlaß, die Karlsbader Beschlüsse zu fassen, die vorgeblich gegen eine „revolutionäre Volkserhebung“ gewandt waren, aber auch unliebsame reformerische Kräfte traf. Die fortgesetzte spät-feudale Kleinstaaterei und die rudimentäre Gewährung bürgerlicher Freiheitsrechte führte zu einer Radikalisierung des bürgerlich-revolutionären Ansatz der Burschenschaften. Auf dem Hambacher Fest 1832 wurde das Ziel der Burschenschaften neu umrissen: „Der Zweck der Burschenschaften soll von nun an sein die Erringung einer Revolution, um durch diese die Freiheit und Einheit Deutschlands zu erreichen.“

1848 traten sie in der bürgerlichen Revolution für eine konstitutionelle Verfassung, ein deutsches Parlament und die Presse- und Versammlungsfreiheit ein sowie auf Universitätsebene für die Öffuung für alle Bevölkerungsschichten. Als 1849 diese Revolution endgültig scheiterte, bedeutete das auch für die Burschenschaften einen radikalen Einschnitt. Sie scheiterten mit ihren demokratischen und sozial-revolutionären Elementen, die Bestandteil der Gründungsgedanken der Urburschenschaften waren, und biederten sich mit völkisch-nationalistischem Gedankengut an feudalistische Positionen an. Burschenschaften wurden zu einer Stütze des Kaiserreichs auch auf Uniebene und übernahmen Elemente der feudal-aristokratischen Gesellschaft wie das Beibringen einer Mensur – einer Narbe im Gesicht – beim Fechten oder die Pflicht zur Satisfaktion – zum Duell im Konfliktfall. Innerhalb der Gesellschaft fühlten sie sich zunehmend als Elite, der es einzig vorbehalten sei, auf Universitätsebene zu bestimmen und im Berufsleben die „wichtigsten“ Posten zu bekleiden.

Als 1879 der preußische Hofprediger Alfred Stöcker mit seiner antisemitischen Agitation begann, traf er bei den Burschenschaften auf fruchtbaren Boden, ebenso wie der preußische Historiker Heinrich v. Treitschke, der den Satz prägte: „Die Juden sind unser Unglück!“ 1881 wurde auf dem Kyffhäuser – der angeblichen Ruhestätte von Kaiser Friedrich Barbarossa – der „Kyffhäuserverband der Vereine Deutscher Studenten“ gegründet, der die Auffassung vertrat, daß „der arischen Rasse ( ... ) die endgültige Führung der Menschheit“ zufalle. Antisemitismus und völkischer Nationalismus wurden in großen Teilen der Burschenschaften zur Maxime und wirkten auf die Gesellschaft ein, die ihren akademischen Nachwuchs aus dieser Generation rekrutierte. So trugen die Burschenschaften an der Jahrhundertwende zur Durchdringung der Gesellschaft mit Nationalismus, Sozialdarwinismus, Rassismus und Antisemitismus bei und bereiteten auf diese Weise dem Nationalsozialismus den Weg.

Da die Burschenschaften den Ausgang des 1. Weltkrieges als Niederlage ansahen, bekämpften sie – zum Teil bewaffnet – die Novemberrevolution 1918 und beteiligten sich in Freikorps und Freiwilligenverbänden am Kapp-Putsch 1920 und am Hitler-Putsch 1923. Folgerichtig unterstützten sie auch die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler. Obwohl oft behauptet wird, Burschenschaften seien Teil des Widerstands gegen Hitler gewesen, so traten sie in der Mehrheit doch freiwillig dem „Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund“ (NSDStB) bei und unterstützten dort aktiv den Faschismus nationalsozialistischer Prägung.

Obwohl korporative Betätigung 1945 durch die Mächte der Anti-Hitler-Koalition verboten wurde, erfolgte durch die in der Systemkonkurrenz von den bürgerlichen Parteien betriebene Wiedereinsetzung der alten Eliten, die Rehabilitierung der Burschenschaften relativ schnell. Die – wiederbegründeten – Burschenschaften tradierten aus der Zeit vor ’45 anti-demokratische und autoritär-konservative Denkmuster, die einhergingen mit NS-Apologetik, Nationalismus und Elitedenken im Bereich der Hochschulen.
Trotz einer temporären Schwächung in den Jahren der Studentenbewegung wirken in der Deutschen Burschenschaft vordemokratische Traditionen und Gedanken fort, die sich auch durch Aktivitäten im rechtextremen Milieu äußern sowie in der Ablehnung der demokratischen Verfaßtheit der Bundesrepublik und der Forderung nach „uneingeschränkte(r) kulturelle(r) Entfaltung und Selbstbestimmung ( ... ) von allen deutschen Volksgruppen ( ... ) in anderen Staaten“.

Burschenschaften in Hamburg

Derzeit gibt es in Deutschland, Österreich und der Schweiz ca. 1000 Verbindungen und in der bundesweiten Deutschen Burschenschaft (DB) sind 121 Burschenschaften mit insgesamt 2000 Studenten und etwa 19000 Alten Herren organisiert. Die Alten Herren sind ehemalige aktive Mitglieder, die oftmals über immensen Einfluß in Politik und Wirtschaft verfügen und so ihren „Schützlingen“ dort Positionen verschaffen (siehe CDU-Fraktionsvorsitzenden Klaus Landowsky). Sie sichern auf diese Weise die Tradierung ihrer Positionen und schaffen eine Elite, zu der kein Außenstehender Zugang hat.

Auch in der Hansestadt können die Korporierten auf eine lange Tradition zurückblicken. Heute sind sowohl die großen Dachverbände wie der Coburger Convent und die Deutsche Burschenschaft, als auch einige kleinere vertreten. Einige haben sich jedoch schon seit längerer Zeit vertagt, d.h. sie sind inaktiv und bestehen nur noch aus Altherrenverbänden. Darüber hinaus sind in Hamburg noch verschiedene andere Verbindungen vertreten, bei denen unklar ist, in welchem Verhältnis sie zu den anderen Verbindungen stehen. Dazu zählen u.a. die neo-faschistische Burschenschaft Askania und die neofaschistische Schülerverbindung Pennale Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg. Die schlagenden Dachverbände sind zahlenmäßig am stärksten und haben auch gesellschaftlich, sei es wegen ihres politischen Anspruches oder wegen ihrer Elitenbildungs- und Rekrutierungsfunktion für Führungskräfte, die größte Bedeutung. Bevor hier jedoch ein Blick auf die Betätigungen der Verbindungen auf dem Campus der letzten Jahre geworfen werden kann, ist es unerläßlich, ihre Bedeutung und Aktivitäten seit Ende des Ersten Weltkrieges zu betrachten.

Das ganze Spektrum des Verbindungswesens entwickelte sich erst nach der Universitätsgründung. Im Jahr 1919 strömten viele, mehrheitlich antidemokratisch und nationalistisch gesinnte, „Kriegsstudenten“ an das Kolonialinstitut zurück, so daß die Zahl der Studierenden von 70 auf 2000 anstieg. Viele davon waren bereits Mitglied in den zahlreichen deutsch-nationalen Korporationsverbänden. In nur wenigen Monaten gründeten sich ca. 25 studentische Korporationen. Den rasantesten Aufstieg erlebte die Burschenschaft Germania. Ihr gelang am 10. Mai 1919 die Gründung des Deutschvölkischen Studentenverbandes Hamburg, dem sich zahlreiche Hamburger Waffenstudenten anschlossen. Damit entstand ein Ortskartell der großen schlagenden Verbindungen, dessen Mitgliedergruppen eine antisemitische Ausrichtung gemein war.

Dem 1926 gegründeten Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) gelang es Anfang der 1930er Jahre zur stärksten politischen Kraft an der Hamburger Universität aufzusteigen. Diese zügige „Machtergreifung“ wurde nicht zuletzt von den Korporationsverbänden ideologisch vorbereitet und mitgetragen. In Hamburg wurde unter dem Druck dieser Studierenden die erste akademische Selbstverwaltung mit Führerprinzip installiert und Forderungen nach Entlassung der jüdischen Professoren erhoben. Als dann der NSDStB seinen Alleinvertretungsanspruch offen propagierte, kam es zum Konflikt mit den Korporierten. Dieser beruhte jedoch ausschließlich auf unterschiedlichen Vorstellungen bezüglich der Organisationsstruktur. Weiterhin gemeinsam war ihnen ein völkisch-rassistisches Gedankengut, Antisemitismus und Führerkult. Dies zeigte sich u.a. darin, daß sich 1935 zahlreiche Einzelverbindungen in NS-Kameradschaften umwandelten. Nach Kriegsende stellten sich die Verbindungen als Verfolgte des Naziterrors dar, jedoch wird durch eine offizielle Verlautbarung des Burschentages von 1985 in Landau, das Gegenteil deutlich. Dort hieß es:

„Die Deutsche Burschenschaft sieht sich außer Stande den 8. Mai als den Tag der Befreiung zu begehen. Der Tag der Kapitulation ist für die DB ein Tag der Besinnung, des Gedenkens und der Trauer.“

Nach dem Krieg von den britischen Besatzern verboten, rekonstituierten sich die Korporationen in Hamburg am Beginn des Sommersemesters 1949 unter dem Namen Hanseatischer Studentenclub. Ab dem Wintersemester 1950/51 nannte man sich auch offiziell wieder Burschenschaft. Schon 1951 war die Restauration soweit fortgeschritten, daß bundesweit ca. 25-30% der männlichen Studierenden korporiert waren.

Ab Mitte der 1960er Jahre verschlechterte sich mit der aufkommenden Studentenbewegung das Klima für die Verbindungen. Ihre politische Bedeutung ließ nach, und spätestens ab 1967existierten sie zwar weiter, spielten in hochschulpolitischen Auseinandersetzungen aber keine Rolle mehr.

Ein Wiederaufleben der Korporierten war erst in den 1980er Jahren zu beobachten, mit Forderungen nach neuen oder die Stärkung von bestehenden interkorporativen Conventen, nach Beteiligung an Wahlen, Einzug ins Studierendenparlament und Zusammenarbeit mit anderen Hochschulgruppen, wie sie jetzt schon mit dem RCDS praktiziert wird. Dabei konnten die Burschenschaften mit ihren elitären Positionen an die gesellschaftliche Forcierung des Leistungsprinzips, im Zuge der von der CDU-Regierung propagierten „geistig-moralischen Wende“ anknüpfen.

Engagement gegen reaktionäres Gedankengut und Serviceorientierung

An der Universität Hamburg traten in den letzten Jahren wiederholt inkorporierte Listen zur Wahl des StuPa an. Zu erwähnen sind hierbei die Listen Pro Uni, Veritas und nun schließlich V.O.L.K.
Diese wenden sich gegen die Interessenvertretung „nicht-Deutscher“ und homosexueller Studierender. Zudem fordern sie, Elemente der neoliberalen Ideologie aufnehmend, eine Serviceorientierung des Studiums und zielen außerdem auf die Schaffung einer „neuen“ Elite ab. In der Zusammenarbeit mit Holocaustleugnern, wie David Irving, und anderen bekannten Rechtsextremen zeigt sich, daß die Germania Hamburg Bestandteil des rechtsextremen Spektrums ist. Dies bestätigt auch ein Informationsbericht des Hamburger Landesamtes für Verfassungsschutz vom Mai 1993. Dessen Behördenleiter Ernst Uhrlau kommentierte: „Es ist ( ... ) keinesfalls mehr auszuschließen, daß sich auch fanatisch-nationalistische und von einem elitär-revolutionären Pathos beflügelte Korporationsstudenten dazu aufgerufen fühlen das ‚Vaterland‘ gegen ‚Volksunterdrücker‘ zu verteidigen. Es wäre nicht das erste Mal in der deutschen Geschichte, daß sich Korporationsstudenten in die ersten Reihe einer nationalrevolutionären Bewegung stellen“.

Aufgabe einer demokratisch-humanistischen studentischen Interessenvertretung muß es sein, diesen antidemokratisch-reaktionären Positionen mit allen gegebenen Mitteln entgegenzutreten. Gegen die neoliberale Ausrichtung der Hochschulen, gegen Eliteorientierung und Servicehaltung bedarf es eines entschiedenen Engagements innerhalb der Gremien der Verfaßten Studierendenschaft, eine Bündelung der antifaschistischen Kräfte der VS mit der Orientierung auf gesellschaftskritische Wissenschaftsinhalte. Auf dieser Grundlage können solidarische Handlungsmöglichkeiten der Studierenden für eine humanistische Veränderung der gesellschaftlichen Bedingungen entwickelt werden, die auch dem Agieren der Burschenschaften wirksam entgegengesetzt werden können.


Das Hamburgische Hochschulgesetz (HmbHG)
- grün oder sozial und demokratisch?

Das HmbHG steht kurz vor der Beschlußfassung

„Parallel zur Behördenabstimmung ist der Gesetzesentwurf allen Hochschulen und interessierten Verbänden mit der Bitte um Diskussion zugeleitet worden, etwaige Stellungnahmen der Behörde für Wissenschaft und Forschung bis zum 31.10.2000 zuzuleiten. Die Ergebnisse sind in den jetzt vorgelegten Entwurf eingeflossen, dessen Grundlinie sich dadurch jedoch nicht geändert hat.“

(Behördenvorlage zum überarbeiteten Gesetzesentwurf, der am 20.03.2001 im Senat beschlossen wurde)

Ende März ist von der grünen Wissenschaftssenatorin Krista Sager ein überarbeiteter Entwurf für das HmbHG dem Hamburger Senat zur Beschlußfassung vorgelegt worden. Noch im Januar hatte der wissenschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Wolfgang Marx, auf einem Wissenschaftsforum der SPD auf die Frage, was an dem Gesetzesentwurf sozial und demokratisch wäre geantwortet, es handele sich um einen grünen Entwurf, an dem überhaupt nichts sozialdemokratisch sei. Für den Entwurfkönne die SPD erst nach der Bestätigung im Senat verantwortlich gemacht werden – nun ist es soweit.

Als Folge von kritischen Stellungnahmen der Studierenden, Gewerkschaften und verschiedener Universitäten sah sich die Behörde für Wissenschaft und Forschung zwar gezwungen, leichte Verbesserungen vorzunehmen – so kann z.B. der Universitätspräsident im Präsidium nicht mehr alle anderen Mitglieder überstimmen, seine Stimme gibt nur noch bei Stimmengleichheit den Ausschlag und die Selbstverwaltungseinheiten unterhalb der zentralen Ebene (Fachbereiche und Institute) sowie ihre Selbstverwaltungsorgane – auch die studentischen Fachschaftsräte – sind wieder gesetzlich festgeschrieben. Die Grundorientierung des Entwurfes ist allerdings nicht revidiert worden.

Weiterhin wird dem z.B. von der Hamburger Handelskammer forcierten Druck hin auf die umfassende Zurichtung der Institutionen der Wissenschaft auf unmittelbare Kapitalverwertungsinteressen nachgegeben. Mit dem Abbau staatlicher Regulierung, neuen Steuerungsinstrumenten wie den Ziel- und Leistungsvereinbarungen, finanzieller Sanktionierung und regelmäßigen „Leistungs“kontrollen durch Evaluationen, umfassender Entdemokratisierung durch die Hierarchisierung von Entscheidungsbefugnissen in der Selbstverwaltung, Verschärfung der Restriktionen im Studium, der Möglichkeit der Erhebung von Studiengebühren und der Reduzierung der politischen Eingriffsmöglichkeiten der Verfaßten Studierendenschaft soll der stumme ökonomische Zwang Einzug in die Hochschulen halten.

Mit dieser Orientierung geht die umfassende Abwicklung der in den 70er Jahren von einer starken außerparlamentarischen Opposition, insbesondere von sozialistischen und kommunistischen Studierendenorganisationen, erkämpften und von der sozial-liberalen Regierung realisierten Reformen einher.

Unter der Losung „Bildung für Alle“ wurde 68ff. für Ausbau und Öffnung der Hochschulen, freien Hochschulzugang und soziale Absicherung, kritischen Gesellschaftsbezug und an der Lösung gesellschaftlicher Probleme orientierte Wissenschaftsinhalte sowie für die Demokratisierung der Hochschulen als Voraussetzung für das wissenschaftliche Wirken im Interesse einer demokratischen Gesellschaftsentwicklung gestritten. Massenuniversitäten, die Überwindung der autoritären Ordinarienuniversität zugunsten von Gruppenuniversitäten mit (teil-)demokratischen Selbstverwaltungsgremien, BAföG und die Verfaßte Studierendenschaft als politische Interessenvertretung sind heute in Frage gestellte Errungenschaften dieser Auseinandersetzungen.

Die Notwendigkeit der Reform der wissenschaftlichen Institutionen ergibt sich aus der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung, in der die höhere Qualifizierung der Menschen entscheidende Bedeutung gewinnt. Antagonistische Entwicklungsoptionen für die Bestimmung der Aufgaben, Methoden und Ziele von Bildung und Wissenschaft stehen sich gegenüber: Sollen Bildung und Wissenschaft zur demokratischen Verfügungserweiterung aller Menschen oder zur umfassenden Unterordnung aller unter die Profitsteigerungsinteressen einer gesellschaftlichen Minderheit beitragen.

Unter dem hegemonialen Druck von Unternehmerverbänden und konservativer Politik beantworten die Grünen diese Entscheidung affirmativ. Abbitte leistend für ehemals anarchistische Militanz – auch Krista Sager stand in den 70ern nachts für eine sog. K-Gruppe an der Druckmaschine – lassen sie rapide von urgrünen „Mantren“ – Pazifismus, Basisdemokratie, Ökologie und Anti-Atom, Feminismus – ab, sind endgültig gezähmt in den Institutionen angekommen und verteidigen bzw. befördern nun neo-liberale Politik und Praxis. Eine fortschrittliche Entwicklungsorientierung ist von ihnen nicht mehr zu erwarten.

Auch die Sozialdemokratie betreibt derzeit – geringfügig sozial abgefedert – ebenso neoliberale Politik und beschreitet den Weg durch die Institutionen spätestens seit 1918. Ihren Ursprung hat die Sozialdemokratie allerdings in der Arbeiterklasse und trotz der Bewilligung der Kriegskredite 1914 gab es in der Geschichte der Sozialdemokratie auch den antifaschistischen Widerstand und die Reformpolitik der Brandt-Ära. Aufgrund dieser widersprüchlichen Geschichte stünde der SPD auch heute zur Verfügung, anknüpfend an die in den 70em realisierten sozialen Reformen, diese aufzugreifen und weiterzuentwickeln.

Allerdings haben auch die 70ger Jahre gezeigt, daß soziale Reformen erkämpft werden müssen. Hierfür ist außerparlamentarischer Druck gegen die kapitalkonforme Anbiederung und die geschichtsvergessene Aufgabe erkämpfter sozialer Errungenschaften vonnöten. Bildung und Wissenschaft können ausgehend von sich zuspitzenden gesellschaftlichen Problemen auf deren Überwindung orientiert zur demokratischen Qualifizierung der Menschen beitragen, so daß Alle im eigenen, verallgemeinerbaren Interesse gegen Ausbeutung, Konkurrenz und Unterordnung für die Gleichheit der Menschen streiten können.

Reformen, die eine solche Grundorientierung beinhalten, sind der SPD abzuverlangen und abzutrotzen, auf daß das letztendlich in der Bürgerschaft verabschiedete Gesetz nicht grün, sondern sozial und demokratisch werde.
In diesem Sinne sollten sich alle Studierenden in die Auseinandersetzung um die Novellierung des HmbHG einmischen. Insbesondere in der öffentlichen Anhörung des Wissenschaftsausschusses der Bürgerschaft voraussichtlich am 17. Mai sollte die zahlreiche Präsenz von Studierenden o.g. Forderungen unterstreichen. Die FSRK wird außerdem gemeinsam mit den verschiedenen Gruppen und Universitäten, die kritisch zum Behördenentwurf Stellung bezogen haben, eine studentische Anhörung veranstalten. Termin und Ort werden wir gesondert bekannt geben.

Für das kooperative Wirken zur Verbesserung der Studienbedingungen und der Demokratisierung der Hochschuleinrichtungen als Teil des solidarischen Kampfes um die Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen und die gesellschaftliche Demokratisierung, ist es prinzipiell sinnvoll, sich in den Gremien der Verfaßten Studierendenschaf – z.B. in den Fachschaftsräten – zu organisieren.


Fachschaftsräte wieder in den AStA!

Sie sind der erste Ansprechpartner für Studierende, haben immer eine offene Tür für jeden Anlaß, helfen, wenn es Probleme gibt, geben geduldig Auskunft. Sie kriegen unmittelbar mit, wo die Probleme der derzeitigen Studienbedingungen liegen und sind mit den Auswirkungen der derzeitigen Studien‚reformen‘ konfrontiert, sie entwickeln Alternativen und wissen, bei wem sie wann und warum auf Widerstand stoßen: Die Fachschaftsräte sind nicht nur die Aktiven vor Ort – sie sind Experten in Sachen Hochschulpolitik und beherbergen einen Großteil des Erfahrungsschatzes der Verfaßten Studierendenschaft.

Um die Fachschaften uniweit zu stärken, wurde 1989 die Fachschaftsrätekonferenz (FSRK) als Teilautonomes Referat im AStA ins Leben gerufen. Die FSRK dient seither dem Informationsaustausch zwischen den einzelnen Fachschaften, der Entwicklung gemeinsamer Perspektiven und dem kooperativen Wirken. Die von der Vollversammlung der Fachschaftsräte gewählten FSRK-Referenten setzten sich im AStA dafür ein, dass die gemeinsam erarbeiteten Positionen der Fachschaften augemessen in die Entscheidungen des AStA einflossen. Und obwohl – oder gerade weil? – die von den Fachschaften entwickelten Positionen stets zu Diskussionsbedarf im AStA führten, hat sich die basisdemokratische Struktur über 11 Jahre hinweg bewährt. Doch im vergangenen November beschloß der mehrheitlich grüne AStA, daß damit Schluß sein solle – und setzte die FSRK-Referenten kurzehand vor die Tür.

Vorangegangen war dem Rauswurf der behördliche Entwurf für ein neues Hochschulgesetz, zu dem die FSRK u.a. gemeinsam mit den ASten von HWP und TU eine kritische Stellungnahme erarbeitete. Zu kritisch für den grünen AStA, der seiner grünen Senatorin nicht so sehr vors Schienbein treten wollte? Statt die Differenzen auszudiskutieren und demokratisch zu entscheiden, wurden in einer Nacht- und Nebelaktion das Büro der FSRK geräumt, die Schlösser ausgewechselt und Entlassungsbriefe geschrieben. Doch das hat miteinander nichts zu tun – sagt jedenfalls der grüne AStA.

Statt der FSRK soll es nun ein Referat fur Fachschaftsvernetzung, kurz FaNet, geben, das sich seit November im Aufbau befindet(?). Das FaNet möchte nach eigener Angabe (Selbstdarstellung unter www.asta.uni-hamburg.de/referate/fanet) eine „Vemittlungsstelle“ zwischen den einzelnen Fachschaftsräten sowie eine Einrichtung sein, die Fachschaften nutzen können, wenn sie „Unterstützung durch den AStA in Anspruch nehmen“ wollen. An die Stelle regelmäßiger Treffen und gemeinsamer inhaltlicher Arbeit sollen die Fachschaftsräte künftig von einer Einzelperson besucht werden, die ihnen bei Beidarf mit Tips und Tricks zur Seite steht. Da eine solche Vermittlungsstelle mit Interessenvertretung nicht besonders viel zu tun hat, erscheint es auch nur folgerichtig, daß die Fachschaften ihren Vertreter im AStA nicht mehr selber wählen dürfen. Warum dieser als ‚Koordinator von FSR-Problemchen‘ ein Stimmrecht im AStA besitzt, bleibt allerdings unklar. Ist das Ganze also im Kern ein Streit darüber, inwieweit Fachschaften im AStA übemaupt etwas zu sagen haben dürfen? Der grüne AStA behauptet nein.

Stattdessen wirft der grüne AStA der FSRK vor, daß es mit der Kommunikation zwischen AStA und Fachschaften nie so recht geklappt hätte. Um diesem angeblichen Mißstand abzuhelfen, sollten nun also die FSRK-Referenten und ihre regelmäßigen Berichte auf AStA-Sitzungen durch einen FaNet-Referenten ersetzt werden, der den ungefragten Fachschaften vor die Nase gesetzt wurde und der mit den meisten Fachschaftsräten bisher (wenn überhaupt) genau einmal gesprochen hat. Und dadurch soll nun alles besser werden? Die Ersetzung demokratischer Strukturen durch restriktive Machtdemonstrationen gegen kritische Stimmen läßt sich jedenfalls kaum als Konzept verkaufen, daß Fachschaftsräte stärken soll. Im Gegenteil: Die kritische politische Arbeit auf Fachschaftsebene wird durch restriktive Maßnahmen des AStA wie z.B. das Sperren von Kopierkonten oder das Vernichten von Fachschaftspublikationen aktiv eingeschränkt und somit die gesamte Verfaßte Studierendenschaft (VS) deutlich geschwächt.

Um studentische Interessenvertretung zu realisieren, muß die VS aber in der Lage sein, der derzeitigen Entwicklung in der Bildungslandschaft eine eigenständige Positionierung entgegenzusetzen. Daher wird sich die FSRK auch ohne Stimmrecht im AStA weiterhin wöchentlich treffen, um die Probleme aus den Fachbereichen verallgemeinert zu diskutieren und eine gemeinsame Perspektive und solidarische Praxis zu entwickeln. Damit sich die Fachschaften im AStA künftig nicht mit einer reinen Service-Orientierung a la FaNet abspeisen lassen müssen, bleibt es ein zentrales Anliegen der FSRK, für die Fachschaften wieder ein Mandat im AStA zu erreichen. Innerhalb der nächsten Wochen wird sich das neue Studierendenparlament konstituieren und einen neuen AStA wählen. Für die Koalitionsverhandlungen sind alle Listen – insbesondere die Fachschaftsliste – aufgerufen, der Destruktion studentischer Interessenvertretung entgegenzutreten und sich für ihre Basis einzusetzen – damit es keinen AStA ohne FSRK geben kann!

Die FSRK trifft sich jeden Dienstag um 16:30 Uhr im AStA

http://www.fsrk.de/artikel_376.html [Stand 1. April 2001]


FSRK Info-Broschüre zum SoSe 2001