Heute wurde die Eröffnung des von Helmut & Hannelore Greve gestifteten Flügel-West am Hauptgebäude der Universität zelebriert. Zu diesem Anlaß versammelte sich die Hamburger Prominenz, angeführt von Bürgermeister O. Runde und Wissenschaftssenatorin K. Sager.
Es sollte sich bedankt werden für die großzügige Spende von ca. 80 Millionen Mark. Obwohl O. Runde noch zu seinem Amtsantritt das Verhältnis von privatem Reichtum und leeren staatlichen Kassen problematisiert hat, wird sich nun pflichtschuldig dem Diktat der leeren Kassen unterworfen.
Aus der studentischen Interessenvertretung wurden 10 Minuten für einen kulturvoll-kritischen Beitrag gefordert. Studentische Präsenz wurde ob der befürchteten Kritik untersagt, obwohl es im Leitbild der Universität Hamburg heißt: "Die Zusammenarbeit ihrer Mitglieder beruht auf Information und Transparenz, demokratischer Beteiligung und dem Willen zur Konfliktlösung."
Bei intensivem Aufwand der Universitätsleitung ist es uns nur in eingeschränktem Maße gelungen, unseren Beitrag so zu plazieren, daß allen Beteiligten die Kontroverse verdeutlicht werden konnte. Deshalb nun
Innovation. – Marmor, Chrom. Filigranes Licht.
Hell verputzt. Den Werkstoff Glas
mit seiner Überwindung konfrontieren.
Panoramatürme, rund. Die Schatten fallen bunt.
Der Stil – jung, frisch. Unbekümmert.
Kühn geschnitten. Konstruktiv.
Neue Viertel, neue Horizonte!
Weg mit den Ruinen rostzerfressener Industrie.
Die alten Blicke werden weggesprengt,
Der Stadtplan wird zertrümmert.
Was sich nicht rechnet, kann nicht bleiben.
Was sich rechnet, verdient unsere Dankbarkeit. So sollten wir Studierenden, als sprechendes Rohmaterial, dankbar sein, daß wir studieren dürfen, denn was sich rechnet, kommt weiter. Diese Dankbarkeit bringen wir zum Ausdruck mit exzellenten Leistungen, denn was verwertet werden kann, das rechnet sich. Und so wird unsere Leistung anerkannt mit einer kleinen Spende, denn was sich rechnet, darf bleiben.
Unsere Dankbarkeit fördert unsere Leistung, die verwertbar ist, wofür uns jedermann dankbar ist und Leistung bringt, die wir verwerten können, so daß wir dankbar sind.
Bei steigendem gesellschaftlichem Reichtum sind seit 16 Jahren infolge vorherrschender staatlicher Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik die öffentlichen Einnahmen rapide gesunken.
Gleichzeitig wurden öffentliche Dienstleistungsunternehmen verkauft, also gewissermaßen auf die freie Wildbahn des Marktes geworfen, und die sozialen, kulturellen sowie die Bildungsinstitutionen betriebswirtschaftlich umstrukturiert und in ihrer inhaltlichen Ausrichtung auf kommerziellen Erfolg umorientiert.
Dadurch sind allgemeine Aufgaben staatlichen Handelns der Grundversorgung und des sozialen Ausgleichs zurückgedrängt bzw. aufgegeben worden. Die gesellschaftliche Konsequenz ist die Einschränkung staatlicher Handlungsfähigkeit und demokratischer Kontrolle öffentlicher Aufgaben.
Statt dessen ist der Willkür privater Geldgeber die Tür geöffnet.
Staatliche Finanzierung wird delegitimiert, soziale Ungleichheit gilt als natürlich, Ruhe wird zur ersten Bürgerpflicht, und die Zurichtung auf ökonomische Verwertbarkeit kann beginnen.
Kann beginnen?
Der uneingeschränkten Freiheit des "totalen Marktes" stehen aber die humanistischen Entwicklungserfordernisse sozialer Gleichheit und individueller Entfaltung entgegen.
Der demokratische Prozeß der Zielorientierung der Wissenschaften auf die Arbeit an der Überwindung sozialer und globaler Probleme, die notwendig ausreichende öffentliche Finanzierung der Hochschulen zur Bewältigung dieser Aufgaben, die individuelle wissenschaftliche Qualifizierung als demokratische Teilhabe und die Einmischung der Universität in die Auseinandersetzung um die gesellschaftliche Entwicklung sind die Eckpunkte für die Neufundierung der Wissenschaft und das Agieren ihrer Subjekte.
Geehrte Feiergäste!
Die Universität als Ort und Forum zivilisierter Auseinandersetzung sollte sich der Herausforderung stellen, die Mühsal der menschlichen Existenz zu erleichtern, und ihre Möglichkeiten in der Gesellschaft demokratisch erörtern. Dies ist unser Appell!