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dokumentiert
Beschluß des Studierendenparlaments der Universität Hamburg vom 24. April 2014

Für die Kehrtwende zu verantwortungsvoller Wissenschaft und emanzipatorischer Bildung

Der Gesetzentwurf für ein neues Hamburgisches Hochschulgesetz muß erheblich überarbeitet werden

Das Studierendenparlament unterstützt die Stellungnahmen und Forderungen der Hamburger Hochschulen und schließt sich der Stellungnahme des Akademischen Senats grundsätzlich an. Das Studierendenparlament fordert alle Studierenden auf, sich an der öffentlichen Anhörung zu beteiligen. Es fordert die Bürgerschaft auf, die Gesetzesnovelle in ihrer jetzigen Form nicht zu beschließen.

Das geltende Hochschulgesetz – verantwortet vom CDU/FDP/Schill- Senates im Jahr 2003 – ist undemokratisch, politisch falsch, gesellschaftlich schädlich und juristisch verfassungswidrig. Es ist bestimmt von der Ideologie der „unternehmerischen Hochschule“ und orientiert sich an partikularen Verwertungsinteressen statt an der Entwicklung des Allgemeinwohls. Ein konsequenter Bruch mit dieser Politik ist notwendig: Demokratie statt Hierarchie, rationale und kooperative Entscheidungsprozesse statt Marktmechanismen und solidarisches Lernen statt restriktives Pauken.

Mit dem vorliegenden Entwurf für die Neufassung des Hamburgischen Hochschulgesetzes wird dieser Bruch nicht vollzogen. Der Entwurf muß daher weitreichend verändert werden.

Beispielgebende Eckpunkte für die Grundlinie der Überarbeitung sind:

1.) Hochschulsenat statt Hochschulrat
Der Hochschulrat ist das gescheiterte Model der Unterordnung von Bildung und Wissenschaft unter partikulare ökonomische Interessen. Er ist abzuschaffen und seine Kompetenzen sind auf den Hochschulsenat zu übertragen. Ein Konzil – paritätisch besetzt mit VertreterInnen aller Mitgliedergruppen – ist einzurichten als Wahlgremium.

2.) Demokratische Wahlverfahren statt Hinterzimmer-Ernennungen
Die Leitungsfunktionen sollten die verantwortungsvolle Ausführung der kooperativen Positionsbildung in den Hochschulen zur Aufgabe haben. Dafür sind demokratische Wahlverfahren zu verankern. Alle Elemente der Top-Down Ernennung sind abzuschaffen. Findungskommissionen, die außerhalb der hochschulischen Öffentlichkeit und ohne Beteiligung aller Mitgliedergruppen agieren, nur eine Person auswählen und damit die demokratische Wahl durch die Gruppengremien aushebeln, lehnen wir ab.

3.) Rationale Entscheidungen statt Ziel- und Leistungsvereinbarungen
Ziel- und Leistungsvereinbarungen setzen auf ökonomischen Druck und das Prinzip von Belohnen und Bestrafen. Das steht der solidarischen und rationalen Verständigung über verantwortungsvolle Wahrnehmung gesellschaftliche Aufgaben der Wissenschaften entgegen. Sie sind abzuschaffen insbesondere innerhalb der Hochschule aber auch als asymmetrisches Instrument zwischen Senat und Hochschulen.

4.) Stärkung der Gruppengremien satt begrenzte Kompetenzen
Der verantwortungsvolle Gesellschaftsbezug von Forschung, Studium und Lehre ist zu bestimmen in der demokratischen und solidarischen Auseinandersetzung der Subjekte der Wissenschaft untereinander – diese Verständigung ist konstituierender Teil der Wissenschaft selber. Die Deckelung möglicher Entscheidungskompetenzen für die demokratisch zu wählenden Gruppengremien insbesondere der „dritten Ebene“ ist zu beenden und aus dem Gesetz zu streichen. Grundsätzlich sollten alle Gremien viertelparitätisch besetzt werden.

5.) Zivilklausel statt Transparenzparagraph
Die Hansestadt Hamburg hat laut ihrer Verfassung „als Welthafenstadt eine ihr durch Geschichte und Lage zugewiesene, besondere Aufgabe“: „Sie will im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt sein.“ Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, reicht es nicht aus, Transparenz zu schaffen, beispielsweise für drittmittelgekaufte Wissenschaft durch Rüstungsbetriebe oder Pentagon. Mit einer Zivilklausel ist der verbindliche Maßstab zu setzen, das Forschung, Studium und Lehre stets auf eine zivile Entwicklung gerichtet sein sollen. Sie ist damit auch ein Schutz der Wissenschaften vor der Macht des militärisch-industriellen Komplexes.

6.) Bildung mündiger Menschen statt Restriktionen
Die Bildung mündiger Menschen und damit auch souveräner Wissenschaftssubjekte muss, soweit durch das HmbHG erfasst, voll ermöglicht werden. Es geht darum, aus den Erfahrungen der Menschheit, aus dem reichhaltigen kulturellen und wissenschaftlichen Erbe zu schöpfen für die Entwicklung eines allseits erfreulichen Daseins. Dafür sind alle einengenden gesetzlichen Vorgaben für das Studium zu streichen, z.B. die Begrenzung von Prüfungsversuchen oder die Vorgabe zur Modularisierung. Insbesondere zu streichen sind auch relative Noten, erzwungene Studienabbruchsbefragungen und die Verschärfung von Exmatrikulationsregelungen. Letztere dient der Einschüchterung der Studierenden, widerspricht dem Grundrecht der Entfaltung der Persönlichkeit sowie der Freiheit des Studiums und schadet allen. Studierende als finanzielle Belastung zu betrachten ist sachlich falsch und diskriminierend.

7.) Master zum Regelabschluss statt Konkurrenz und Selektion
Konkurrenz und Auslese sind die größten Feinde solidarischer und verantwortungsvoller Bildung. Die lern- und wissenschaftswidrige Selektionshürde des Bachelor-/Master-Übergangs ist daher zu beseitigen. Der Master muß gesetzlich zum Regelabschluß der Bologna-Studiengänge gemacht werden mit entsprechender Zulassung. Auch ist die Einrichtung von klassischen Studiengängen (Diplom, Magister, Staatsexamen) wieder zu ermöglichen. Die Experimentierklausel muß festgeschrieben werden.

8.) Hochschulen sozial öffnen
Um dieses Ziel zu verwirklichen, müssen Verwaltungsgebühren abgeschafft und ein Teilzeitstudium überall ermöglicht werden.

http://www.fsrk.de/artikel_325.html [Stand 24. April 2014]


Stellungnahme des Studierendenparlaments vom 24. April 2104 zum HmbHG