Eine Orientierungseinheit ist eine begrenzte Studieneingangsphase, in der Studienanfänger_innen sich unter Anleitung bzw. in Zusammenarbeit mit „älteren“ Studierenden die Universität als Ort der
wissenschaftlichen Weltaneignung und der kulturellen, sozialen und politischen Auseinandersetzung erschließen. Die Orientierungseinheit ist ein Ergebnis der Studienreform, die in den frühen 1970er Jahren als Fortführung des Impetus von „68“ unternommen wurde: Das Studium sollte aus seinem elitären und herrschaftsfunktionalem Kontext in eine kritische und demokratische, wissenschaftliche Bildung für immer mehr Menschen überführt werden. Die gesellschaftliche Relevanz und Verantwortung der Wissenschaft, die kritische Auseinandersetzung mit der Berufsausbildungsfunktion des Studiums, eine Weiterentwicklung des humboldt’schen Bildungsverständnisses, die den Erfordernissen der „Massenhochschule“ gerecht wird, waren Beweggründe dieser Reform.
Orientierungseinheiten sind an der UHH seit den 70er Jahren in Kritik und Reichweite umkämpft und so mehr oder weniger fester Bestandteil des Übergangs von Schule zu Studium in fast allen Fachbereichen. Mit den beiden Dies Academicus zur Studienreform hat die Universität sich neu vorgenommen im Sinne ihres Leitbilds zur Entwicklung einer humanen, demokratischen und gerechten Gesellschaft beizutragen. Daher ist Aufgabe der Orientierungseinheiten, insbesondere Studienanfänger_innen in die Lage zu versetzen aktives Mitglied der Universität und verändernder Faktor zu werden.
Mit der grundlegenden Reform der Bachelor-Master-Studiengänge haben sich die Mitglieder der Universität bessere Vorraussetzungen geschaffen die gesellschaftliche Verantwortung von Bildung und Wissenschaft tatsächlich wahrzunehmen. Mit der Rekonstruktion humanistischer Bildung ist die Universität Hamburg maßstabgebend für den weiteren Bologna-Prozess und bricht weitestgehend mit dem Konzept einer unternehmischen Universität. Wissenschaftler_innen sind keine Dienstleister, Studierende keine Kunden und Bildung keine Ware.
Für alle Mitglieder gilt in Zusammenhang mit der weiteren Studienreform, dass es einer stetigen Orientierung bedarf, das kollektive Engagement eingreifender Wissenschaft zum Wohle der Menschheit zu betreiben und die dafür notwendigen Vorraussetzungen zu schaffen. Mit der Abschaffung der Anwesenheitspflicht, engen Fristen und der damit einhergehenden Entdogmatisierung der Module sind restriktive Elemente der Studienordnung entfernt worden, zugunsten eines nach inhaltlichen Kriterien bestimmten Studiums. Zwischen den restriktiven Vorgaben eines Scheinerwerbs und der Selbstbestimmung des Studienweges muss eine gemeinsame Orientierung auf das gemeinsame Interesse aller Mitglieder der Universität und das Interesse der Menschheit nach Frieden und Emanzipation den roten Faden der gemeinsamen Entwicklung der Wissenschaftssubjekte bilden.
Gerade in den Orientierungseinheiten kann ein zur Humankapitalproduktion alternierendes, humanistisches Verständnis von Bildung, Wissenschaft und Mensch diskutiert und sich gemeinsam erarbeitet werden.
Praktisch ist dies mit der Herausforderung verbunden, dies so zu unternehmen, dass sich die Studierenden kontinuierlich mit den an sie gestellten Erwartungen seitens der Universität und Gesellschaft vertraut machen und dazu eine kritische Distanz und solidarische Handlungsfähigkeit entwickeln können. Die Studierenden können und sollen die Bedingtheit und Veränderbarkeit der Universität als Teil der Gesellschaft erkennen und selbstbewußt gestalten, anstatt im Rahmen dem entgegen stehender Vorgaben zu „funktionieren“.
Funktion einer Orientierungseinheit:
Kurz: Gesellschaft, Universität und Geschichte versteht man am besten, wenn man sie selber bewußt (besser) machen will und sich gemeinsam aneignet, wie’s geht.
Insofern soll unsere Orientierungseinheiten vor allem eine solidarisierende und aktivierende Einführung sein.
Damit Orientierungseinheiten in diesem Sinne gelingen können, müssen diese in den Fachbereichen verankert und von der studentischen Interessenvertretung organisiert werden. So kann eine kritische Fachwissenschaftliche Einführung auf egalitärer Grundlage mit dem erforderlichen hochschulpolitischen Hintergrund unternommen und darauf orientiert werden als neuer Teil der verfassten Studierendenschaft auch partizipierender Teil der akademischen Selbsverwaltung zu sein.
Dafür ist erforderlich: