Vor 80 Jahren, am 15. Mai1933, wurden am Hamburger Kaiser-Friedrich-Ufer etwa 2.000 Bücher pazifistischer, republikanischer, kommunistischer und jüdischer Autorinnen und Autoren durch Nazis verbrannt. Der barbarische Akt war ein für alle erkennbarer Bote der Vernichtungs- und Kriegspolitik der Nazi-Diktatur. Das Autodafé (die Verbrennung missliebiger Bücher) wurde durch den damaligen Dachverband der Deutschen Studentenschaft (DSt) organisiert und lokal aus dem damaligen AStA gemeinsam mit dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NDStB) und den studentischen Verbindungen durchgeführt. Knapp 1.000 Kulturfeinde nahmen an dem zynischen Event teil, das „der Bejahung der deutschen Erneuerung“ diente, wie es in einem Rundschreiben der Deutschen Studentenschaft an die ASten hieß. Ebenfalls vor 80 Jahren, im April 1933, hat die Universität Hamburg ihre demokratisch engagierten und jüdischen Lehrenden aus ihren Reihen vertrieben. Auch hierbei waren studentische Organisationen Unheil treibende Kräfte.
Am Beginn der faschistischen Diktatur stand, neben der Unterdrückung der Arbeiterbewegung, die systematische Zerstörung von Kultur und Wissenschaft und die Verfolgung von kritischen Intellektuellen, die für Aufklärung und Menschenwürde, für Gleichheit und Demokratie in Schrift und Rede fochten. Sie wahren dem braunen Regime gefährliche Gegner*innen, denn humanistische Parteilichkeit in Literatur, Wissenschaft, Kunst und Politik überzeugt und ermutigt zu einer couragierten Haltung:
„Besonders sieht man die Ähnlichkeit aller mit sich selbst. Man beruft sich nicht auf seine Herkunft. Im Durchschnitt sind alle, wie sie geboren werden, mehr verwandt als fremd. Die lebenslange Bemühung entscheidet“, schrieb 1932 Heinrich Mann, einer der verfolgten Autor*innen.
Wenn die soziale Gemeinsamkeit der Allermeisten erkannt wird, gelingt die bewusste Zusammenarbeit zu Verbesserungszwecken. Hierarchien und Konkurrenzen des Alltag und der gesellschaftliche Struktur verlieren an Legitimität und Bedeutung. Und: „Der Militarismus wird nervös, wenn auch nur das geringste Zeichen auftaucht, daß die Proletarier die schlaue Verschiedenheit ihrer Uniformen und Sprachen durchschauen.“ (Arnold Zweig 1934). Aufklärung ist eine mächtige Gegnerin des Krieges.
Aus dieser Kontrahenz wächst der Verfassten Studierendenschaft der Uni Hamburg heute Verantwortung zu: Nie wieder soll Zynismus und Technokratie, Entwertung und Entrechtung von Menschen und Arbeit in einem verbrecherischen, menschenverschlingenden Regime gipfeln.
Wir wollen mit dem Kampf für kritische Bildung und Wissenschaft vielmehr einen Beitrag leisten, der Anfänge zu wehren. Wir sehen es als unsere gemeinsame Aufgabe, auch die heutige brandgefährliche Mischung von ökonomischer Rechenhaftigkeit, irrationaler Ideologie und Krieg alltäglich zu bekämpfen und zu überwinden.
Dafür ist heute wie damals, in der weltweiten Wirtschaftskrise, die gleiche Würde aller Menschen ein triftiger Maßstab der nötigen Veränderungen der Gegenwart. So werden gefährliche Wiederholungen ausgeschlossen und echte Verbesserungen begonnen.
Infos unter: www.lese-zeichen-hamburg.de