„Heute ist eine Anmeldung zur Lehrveranstaltung eine Anmeldung zur Prüfung. Jede Studienleistung ist examensrelevant und wird geprüft. Der Prüfungsdruck begleitet einen durchs ganze Studium, wird zur Dauerbelastung. Und er begünstigt leider Bulimie-Lernen.“
„Forschung und Lehre sollen zum gestaltenden Eingreifen in die Gesellschaft ermutigen und einer global menschenwürdigen Zivilisation dienen. […] Ein Erfolg des bisherigen „Kampfes um die Zukunft“ ist die Herausbildung einer neuen Kultur der Solidarität.“
Bologna ist gescheitert. Die arbeitsmarktkonforme Ausbildung von Humankapital ist Teil der gesellschaftlichen Entwicklungskrise. Die Folge der Politik, daß der Mensch nützliches Objekt einer profitorientierten Wirtschaft sei, ist, daß trotz einer Welt, die noch nie so reich war an Wissen, an Möglichkeiten der Kommunikation, der bedarfsdeckenden Ernährung und Gesundheitsfürsorge, an Möglichkeiten der Arbeitserleichterung und kulturellen Entfaltung für Alle die große Mehrheit der Menschen wesentlich damit befaßt sein soll, sich privat und individualisiert für die Sicherung der einfachsten Voraussetzungen des alltäglichen Lebens abzukämpfen. Bildung und Wissenschaft können und müssen dazu beitragen, diesen Widerspruch positiv zu wenden.
Im „Kampf um die Zukunft“ haben die Mitglieder der Hamburger Hochschulen ihre historische Bedeutung im Hinblick darauf stärker erkannt. Der gemeinsame Bezugspunkt in Vollversammlungen, der Unterschriftenkampagne, Demonstrationen und anderen Aktivitäten war und ist die Realisierung des Anspruchs von Bildung und Wissenschaft, zur zivilen, sozialen, demokratischen und humanen Entwicklung der Gesellschaft beizutragen. Nach diesem Maßstab steht nun auch eine grundlegende Neu-Orientierung des Studiums an.
Am 17. April findet daher ein Dies Academicus statt, zu dessen Gunsten alle Lehrveranstaltungen ausfallen, um unter Beteiligung Aller Ansprüche für die erforderliche Studienreform zu diskutieren und Leitlinien zu entwickeln, damit die konkreten Veränderungen zügig angegangen werden.
Durch engagierte studentische Bewegung ist in den Fakultäten MIN und EPB bereits erreicht, daß die Modulfristen abgeschafft werden. Dies muß für die gesamte Universität verallgemeinert werden. Die Regelstudienzeit als Restriktion ist abzuschaffen.
Die Module sind abzuschaffen, um einen interessegeleiteten Studienweg und die kooperative Gestaltung von Veranstaltungen zu ermöglichen. Studienpläne, Orientierungseinheiten und Tutorien müssen ausgebaut und entwickelt werden für eine vernünftige, kooperative Orientierung des Studiums.
Prüfungen sollten durch Entwicklungsgespräche und andere kooperative Prozesse ersetzt werden, bei denen alle Beteiligten etwas lernen können. Noten sollen nur auf Wunsch der jeweiligen Studierenden vergeben werden. Die Anwesenheitskontrollen sind tatsächlich zu unterlassen. So kann wissenschaftliche Arbeit im Studium wieder mehr Bedeutung erlangen. Lernen ohne Angst erfordert eine gemeinsame Zulassung zu Bachelor und Master.
Die ABK-Kurse sind abzuschaffen. Fachliche Fertigkeiten können besser durch selbstorganisierte, ins Studium inhaltlich eingebundene Projekte mit kritischem Praxisbezug entwickelt werden. Solche projektorientierte, wissenschaftlich kontroverse und gesellschaftlich relevante Arbeit sollte Teil des Studiums werden.
Internationaler Austausch muß sozial ermöglicht und unter dem Aspekt der Völkerverständigung ausgebaut werden.
Der „Kampf um die Zukunft“ ist erfreuliche Not-Wendigkeit. Emanzipatorische Bildung macht heiter und gesund. Solidarisches Eingreifen heißt, die Geschichte in die eigenen Hände zu nehmen.
Dienstag, 17. April 2012, ab 9 Uhr
Hauptgebäude der Uni, Edmund-Siemers-Allee 1 (Hörsaal A)