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FSRK

Berufsqualifizierung und Mündigkeit – ein Gegensatz?

„Einführung eines Systems leicht verständlicher und vergleichbarer Abschlüsse, ... mit dem Ziel, die arbeitsmarktrelevanten Qualifikationen der europäischen Bürger ebenso wie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Hochschulsystems zu fördern.“

Gemeinsame Erklärung der Europäischen Bildungsminister, Bologna, 19. Juni 1999. pdf

„Bildung mündiger Menschen: Ihren Bildungsauftrag sieht die Universität in der Entwicklung von Sachkompetenz, Urteilsfähigkeit und der Fähigkeit zu argumentativer Verständigung auf wissenschaftlicher Grundlage. Für alle Menschen will sie ein Ort lebenslangen Lernens sein und ein öffentlicher Raum der kulturellen, sozialen und politischen Auseinandersetzung.“

aus: Leitbild der Universität Hamburg, 15. Juni 1998. html

Die Uni Hamburg hat sich einen humanistischen Bildungsauftrag gegeben. Dessen Verwirklichung wird seit Jahren durch die aufgepfropfte Bologna-„Reform“ erschwert. Die Enge der gestuften Studiengänge ist einer vertiefenden Auseinandersetzung mit den großen Widersprüchen unserer Zeit z.B. zwischen privatem Reichtum und öffentlicher Armut, technologischem Fortschritt und dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen oder Frieden und Militarisierung eher abträglich.

Doch kritische Reflektion der gegenwärtigen Welt ist für eine erfreuliche Zukunft unverzichtbar. Aufgeklärte Menschen, die ihre Erkenntnisse solidarisch verallgemeinern, sind nötig. Obwohl die Uni dies eigentlich fördern könnte und müßte sind alle genötigt, „Bildung für Mündigkeit“ einem engen Korsett von Fristen, Prüfungen und inhaltlichen Vorgaben abzutrotzen.

Weiterhin bedürfen Bachelor und Master also einer gründlichen Studienreform. Weite Teile der Uni befassen sich derzeit damit. Dabei ist eine verbreitete Kontroverse, ob das Studium den „Anforderungen des Beschäftigungssytems“ genügen müsse oder die „Bildung mündiger Menschen“ im Zentrum stehen soll. Das „Ankommen auf dem Arbeitsmarkt“ wird zwar vielfach als unwissenschaftlich, aufreibend und qualifikationszerstörend erkannt und kritisiert, aber als notwendiges Übel hingenommen. Gleichzeitig wird immer unabweisbarer, daß gerade die Akzeptanz von Übeln dieser Art Teil der Zivilisationskrise ist und durch eine engagiert humanistische Praxis in Wissenschaft und Gesellschaft ersetzt werden muß. Deshalb müssen wir Studierenden aktuell die Frage beantworten:

Soll das Studium der „Berufsqualifizierung“ oder der „Mündigkeit“ dienen? Ist dies überhaupt ein Gegensatz? Wenn ja, wie wollen wir uns entscheiden? Wenn nein, wie gelingt eine sinnvolle Aufhebung dieser Ziele?

Diese Fragen wollen wir mit dem Centrum für Hochschulentwicklung (CHE), der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie mit einem Vertreter des gemeinsamen Studienreformtags von FSRen und AStA diskutieren. Das CHE als wirtschaftsnahe Institution wirkt seit langem für die strikte Ausrichtung des Studium an der „Beschäftigungsfähigkeit“ der Absolventen. Die Vertreterin der GEW setzt sich intensiv für sozialkritische Perspektiven auf Arbeitsverhältnisse von Akademikern ein. Viele Fachschaftsaktive haben aus der Kritik an der unternehmerischen Verwertung von Bildung bzw. der „Human-Ressource“ Mensch humanistische Ansprüche an die Studienreform entwickelt. Die Podiumsteilnehmer geben einen Input für eine offene Diskussion, die von gremienaktiven Studierenden in die Studienreform „mitgenommen“ wird. Ihr seid alle eingeladen, mitzudiskutieren.

Diskussionsveranstaltung
„Berufsqualifizierung und Mündigkeit – ein Gegensatz?“

am Dienstag, den 20. Dezember 2011 um 18:30 Uhr
im Pädagogischen Institut, Raum 05 (Von-Melle-Park 8)

Dipl.-Psych. Lukas Bischof vom Centrum für Hochschulentwicklung der Bertelsmannstiftung (CHE)

Prof. Dr. Margret Bülow-Schramm von der Fachgruppe Hochschulen und Forschung der GEW und

Till Petersen Teilnehmer des gemeinsamen Studienreformtags von FSRen und AStA

http://www.fsrk.de/artikel_277.html [Stand 15. Dezember 2011]


Diskussionsveranstaltung „Berufsqualifizierung und Mündigkeit – ein Gegensatz?“