„Abendblatt: Was qualifiziert Sie für Ihr neues Amt, abgesehen von Ihren Erfahrungen als Wissenschaftlerin?
Auweter-Kurtz: ... die Sie nicht unterschätzen sollten. Ich habe Kontakte zu Spitzenhochschulen auf der ganzen Welt, in den USA etwa nach Princeton und Stanford. Wenn ich künftig zu Vorträgen dorthin eingeladen werde, repräsentiere ich dabei auch die Universität Hamburg. Ich denke, dass sich dadurch zum Beispiel neue Austauschprogramme begründen lassen.“
Die Designierte Präsidentin der Universität Hamburg möchte gerne repräsentieren – aber wie sollte sie können?
Die Universität Hamburg ist: friedenspolitische Verantwortung (Carl-Friedrich von Weizsäcker-Zentrum für Naturwissenschaft und Frieden, Kooperation mit dem Hamburger Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik) und antifaschistisches Geschichtsbewußtsein (Hörsaalbenennungen, regelmäßige Veranstaltungen u.a. zur Reichspogromnacht und zur Befreiung von Auschwitz).
Frau Auweter-Kurtz repräsentiert inhumanen Technikfanatismus und Militarismus: „Schon als Jugendliche hat mich Raumfahrt interessiert. Ein Auslöser war ein Vortrag des Raketentechnikers und Raumfahrt-Visionärs Wernher von Braun. Er hatte mich damals sehr beeindruckt.“
Zur Erinnerung: Freiherr von Braun wurde für seine „Vision“ Mitglied der NSDAP sowie der SS und hat für die Nazis die Entwicklung der „Vergeltungswaffe 2“-Rakete geleitet, dafür selbst Zwangsarbeiter aus dem KZ-Buchenwald „ausgesucht“. Später durfte er sein Lebenswerk weiterverfolgen mit der Entwicklung der ersten atomaren Mittelstreckenrakete für die USA.
Krieg und Frieden schließen sich gegenseitig aus.
Die Universität Hamburg ist: das Leitbild des Gesamts einer großen Disziplinenvielfalt in der das fächerübergreifende wissenschaftliche Zusammenwirken eine Einheit bildet mit der demokratischen und statusunabhängigen Kooperation ihrer Mitglieder.
Frau Auweter-Kurtz steht für Konkurrenz und Elitekonzeption: „Diese Vielfalt sollte im Rahmen fakultätsübergreifender Forschungsprojekte besser genutzt werden. Es hat sich gezeigt, dass interdisziplinäre Ansätze die größten Chancen bei Exzellenzwettbewerben haben.“
Im übrigen: wer soll beim exklusiven Austausch mit der Elite-Schmiede Princeton (s.o.) die Studiengebühren in Höhe von etwa 25.000 € im Jahr zahlen?
Die Universität Hamburg ist: studentische Proteste und Beschlüsse der akademischen Gremien gegen die Einführung von Studiengebühren und für eine staatlich bedarfsdeckende Finanzierung der Hochschulen.
Frau Auweter-Kurtz vertritt: „Abendblatt: Sie sind eine Befürworterin von Studiengebühren. Haben Sie nicht Angst, dass das ärmere Abiturienten vom Studium abschreckt?
Auweter-Kurtz: Ganz klar nein. Wir reden von 500 Euro pro Semester. Die staatliche Finanzierung für eine wirklich gute Ausstattung und Betreuung ist derzeit nicht gegeben.“
Inhumaner Technokratismus, Militarismus, Konkurrenz, Elite und Studiengebühren sind ein kohärenter Rückschritt hinter historische Erfahrungen und die Negation hervorgebrachter Möglichkeiten zivilisatorischer Entwicklung.
Wer sich für solidarisches Lernen, unbedrängte kulturelle Entfaltung, vernünftige soziale Bedingungen und internationale zivile Kooperation einsetzt, repräsentiert das Menschheitsinteresse. Die Entwicklung einer sozial offenen und demokratisch verfaßten Hochschule mit emanzipatorischer gesellschaftlicher Verantwortung ist Bestandteil solchen vernünftigen Wirkens - davon lernt auch Frau Auweter-Kurtz.