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FSRK

„Shame, shame, shame, shame on You“

Gegen die kulturelle Normierung durch Studiengebühren

„Gebühren haben eine ganze Reihe positiver Effekte für das Hochschulsystem. Sie fördern den Wettbewerb zwischen den Hochschulen. Die Studenten könnten als zahlende Kunden darauf bestehen, daß die Studienangebote praxisorientierter und schneller studierbar sind.“

Michael Rogowski, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, „Wirtschaftsverbände für Studiengebühren“, 03.08.2004. html

„Eigentlich sollte die Universität die Möglichkeit bieten, zusammen mit anderen interessante Fragen zu untersuchen und in neugierigem Lernen die Welt und die eigene Stellung in ihr besser zu verstehen. Das Problem besteht darin, daß ein solches Versprechen an der Uni kaum einzulösen ist, daß die universitäre Art, mit Problemen umzugehen das Interesse vielmehr abtötet, die Neugier eintrocknet und das inhaltliche Gespräch verhindert. Sie produziert Angst, Einsamkeit und Langeweile. [...]
Das Grundproblem, die Entfremdung vom Stoff, von den anderen und von sich selbst, hat zwei verursachende Aspekte: einerseits die Institution und andererseits die Bereitschaft der meisten Studierenden sich an diese Institution anzupassen. Eine solche Bereitschaft entspringt der Neigung, den eigenen »Selbstwert« aus dem wertenden Vergleich mit anderen zu gewinnen. Die Orientierung an anderen, die als Überlegen wahrgenommen werden, erzeugt sowohl Anpassung als auch Abhängigkeit von anerkennenden Gesten und Urteilen dieser Personen.“

Wolf Wagner, „Uni-Angst und Uni-Bluff. Wie studieren und sich nicht verlieren“, 1977

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Wenn Herr Rogowski von „praxisorientiert“ spricht, so meint er seine Praxis, die des Profitescheffelns. Da kommen viele Studierende, die schnell studiert und knapp das Nötigste gelernt haben, gerade recht als perfekt ausbeutbares „Humankapital“. Studiengebühren sind ihm dafür das passende Instrument. Ihre Funktion? Angst machen und Bravheit erzwingen.

Langzeitstudent? 5. Semester und noch immer im Grundstudium? Im 1. Semester und noch keine Ahnung, worüber die Diplomarbeit schreiben? - „Ich mußte viel arbeiten“, „ich war OE-Tutor und habe auch viel in Gremien gearbeitet“, „ich war krank“, „ich mußte meine Oma pflegen“, „so bin ich halt, ’n komischer Typ“ ...

Wer der erwünschten Norm nicht entspricht, dem droht die Isolation, der muß sich legitimieren. Diejenigen, die vom Sozialstaatsabbau zu Gunsten der Profitmehrung negativ betroffen sind, werden selbst zum Sündenbock erklärt.

Am 26. Januar wird das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung mitteilen, ob ein bundesweites Verbot von Studiengebühren für das grundständige Studium fortbestehen darf oder nicht. Spätestens ab dann steht der verstärkte Kampf gegen die Gebühren auf der politischen Tagesordnung. Bei positiver Entscheidung, um die schon eingeführten Langzeitgebühren wieder abzuschaffen, bei negativen Entscheidung, um jede Art von Gebühren zu verhindern.

Die Verfaßte Studierendenschaft und der AStA als ihr ausführendes Organ dürfen sich nicht auf die Beratung, Betreuung und teilweise Befreiung von gebührenpflichtigen Studierenden beschränken. Die erforderliche Offensivität setzt die Überschreitung des Bravheitsgebots und der kulturellen Degradierung voraus. Studium, Lehre und Forschung als Neugier für neue Erkenntnisse und Persönlichkeitsentwicklung, als Bestandteil gesellschaftlichen Fortschritts, als solidarische Praxis menschlicher Entfaltung müssen als verallgemeinerungswürdiger Hochschulalltag vertreten und erfochten werden.

Hierfür sollten sich alle engagieren und bei den Wahlen zum Studierendenparlament entsprechend votieren.

http://www.fsrk.de/artikel_226.html [Stand 11. Januar 2005]


„Shame, shame, shame, shame on You“