Der Beginn dieses Sommer-Semesters 2003 fiel mitten in den völkerrechtswidrigen Eroberungskrieg der USA gegen den Irak. Der Universitätspräsident bemerkte hierzu bei der Begrüßung der StudienanfängerInnen: „Diese [im Krieg verwendeten] Waffen sind Produkte modernster Technik und wissenschaftlicher Entwicklung. Es sind nicht chirurgische Instrumente, wie manche Berichte uns glauben machen wollen, sondern Werkzeuge der Vernichtung, der Gewalt und des Todes. Sie nutzen die gleichen Technologien, die zum Beispiel das Handy hervorgebracht haben oder die Navigationssysteme im Auto.
Uns stellt sich damit unausweichlich die Frage: Zu welchem Zweck, mit welchem Ziel betreiben wir Wissenschaft?“
So steht aktuell zum Beispiel die Frage, ob das immense gesellschaftliche Wissen über physikalische, biologische und chemische Prozesse der Herstellung hochkomplizierter Waffen dient, mit denen sich einige wenige den Zugriff auf Ressourcen sichern, oder ob dieses Wissen dafür genutzt wird, daß die Verwendung der natürlichen Ressourcen ihre Regeneration ermöglicht, ohne daß die Menschen auf die umfassende Befriedigung ihrer Bedürfnisse verzichten müßten.
Die Hochschulen als Institutionen von Bildung und Wissenschaft sollten nicht dem Interesse einiger weniger, sondern allgemeiner Nützlichkeit dienen. Sie sollten die Menschen befähigen in Erkenntnis der eigenen verallgemeinerbaren Interessen die Welt genauer zu begreifen und sie kooperativ für jeden einzelnen und alle gemeinsam diesen Interessen gemäß zu verändern. Dies ist eine sinnvolle wissenschaftliche Qualifizierung für kritische Handlungsfähigkeit in der Hochschule, im Beruf und im gesellschaftlichen Alltag.
Dagegen steht die Hochschulpolitik des Rechtssenates. Das Hochschulmodernisierungsgesetz und die Empfehlungen der „Dohnanyi-Kommission“ beinhalten diverse Maßnahmen zur Kommerzialisierung der Hochschulen. „Beabsichtigt ist die totale Ausrichtung der Hochschulen an der Verwertbarkeit für den Wirtschaftsstandort Hamburg.“ (Resolution der studentischen Vollversammlung der Uni-Hamburg vom 15.05.2002)
Diese hochschulpolitische Orientierung ist Bestandteil der forciert neoliberalen Gesamtkonzeption des Rechtssenates. Sie kommt zum Ausdruck im Senatspapier „Wachsende Stadt“, in welchem die Menschen wesentlich als zu „akkumulierendes“ „Humankapital“ für den Ausbau von Wirtschaftsschwerpunkten begriffen werden. Geplant ist die starke Einschränkung sozialstaatlicher Einrichtung verbunden mit deren weitreichender Privatisierung.
Studentisches Wirken für eine vernünftige Hochschulpolitik wird deswegen notwendigerweise mit klarer Opposition gegen den Rechtssenat verbunden sein.
Dabei ergeben sich aus der aktuell zugespitzten Lage Möglichkeiten eines politischen Richtungswechsels: Der Kriegsführung steht eine weltweite Friedenbewegung entgegen, gegen die antisozialen „Agenda 2010“-Pläne von rot-grün erwachen die Gewerkschaften, der Hamburger Rechtssenat hat seit Amtsantritt mit einer starken Protestbewegung zu tun. Gegen alle Einschüchterungsbemühungen des Wissenschaftssenators (Studiengebühren etc.) kann deshalb mit qualifizierter Politik aus der Verfaßten Studierendenschaft viel erreicht werden.
Fachschaftsräte haben dabei besondere Verantwortung: Zum einen sind Fachschaftsräte gegen den zunehmenden ideologischen und ökonomischen Druck meist erster Ort politischer Organisiertheit an den Hochschulen. Den Fachschaftsräten kommt also die Aufgabe zu, gerade an der Fachbereichsbasis aufklärerisch in die Auseinandersetzungen einzugreifen. Zum anderen sind sie in den Fachbereichsauseinandersetzungen meist unmittelbar mit den Maßnahmen neoliberaler Politik konfrontiert. Hier ist also die besondere Herausforderung, in den konkreten Streitfragen die grundsätzlichen Entwicklungsoptionen aufzuzeigen und die humanistische Alternative zum neoliberalen Mainstream deutlich zu machen.
Um uns als Fachschaftsräte für diese Aufgaben zu qualifizieren geben wir uns deshalb für die kommenden zwei Semester die folgenden Arbeitsvorhaben.
Hauptschwerpunkt für die Arbeit der FSRK bleibt die Hochschulpolitik. Hier gilt es, bereits entwickelte gemeinsame Positionen in die verschiedenen Fachbereiche und Gremien zu tragen und sie sowohl in der FSRK als auch dort weiterzuentwickeln. Dabei ist die Grundordnung der Universität zu stärken und weiter zu entwickeln.
Entscheidende Punkte sind hierbei:
— Demokratisierung statt Privatisierung: Mit Veröffentlichung des Dohnanyi-Berichts, in dem die Kommission die Einführung hierarchischer Leitungs- und Managementstrukturen fordert, ist es um so wichtiger geworden, die akademische Selbstverwaltung zu stärken. Die Hochschulentwicklung gehört nicht in die Hände einer handvoll Wirtschaftsvertreter, sondern sollte statusgruppenübergreifend-kooperativ von den Hochschulmitgliedern erarbeitet werden. Dazu muß die Zusammenarbeit der FSRK mit VertreterInnen anderer Statusgruppen fortgeführt und ausgebaut werden.
— Studienreform: Die aktuell zur Diskussion stehenden Studienreformen durch Einführung eines konsekutiven Bachelor/Master-Systems mit Credit Points, Master-Quoten, Zwangsberatungen, Auswahlverfahren, Zwangsexmatrikulationen, etc. bedeuten eine starke Restriktion des Studiums. Die Studienanforderungen werden von außen gesetzt und verschließen den Studierenden die Möglichkeit, ihr Studium eigenständig zu gestalten. Dem gilt es eine inhaltliche Zielbestimmung der Studiengänge ausgehend von ihrer gesellschaftlichen Bedeutung entgegenzusetzen und so jeder/m durch spezifische Bezungahme auf diese allgemeine Bestimmung eine überzeugte Studienmotivation zu ermöglichen. Daran wollen wir anhand der Ergebnisse der AGn zur Studienreform weiterarbeiten:
— Studium ohne soziale Zwänge statt Studiengebühren: Statt mittels Studiengebühren das Verständnis des Studiums als Dienstleistungsangebot und Karriereinvestition zu etablieren, müssen soziale Bedingungen realisiert werden, die allen Menschen Bildung zur wissenschaftlichen Erkenntnis und individuellen Entfaltung in gesellschaftlicher Verantwortung ermöglichen. Hier soll die aus den Ergebnissen der AGn zu Studiengebühren entstandene Kampagne weitergeführt und die Broschüre aktualisiert und neu diskutiert werden.
— Staatliche bedarfsdeckende Hochschulfinanzierung statt Unterfinanzierung und Sponsoring: Hier gilt es durchzustzen, daß Bildung und Wissenschaft weiterhin als gesamtgesellschaftliche Aufgabe unter staatlicher Verantwortung stehen und somit staatlich bedarfsdeckend finanziert werden. Aufgrund der Ereignisse nach der Eröffnung der Flügelbauten und des Stellenwerts, den private Hochschulfinanzierung sowohl für die Universitätsleitung als auch für den Wissenschaftssenator einnimmt, muß sich die FSRK noch einmal intensiv mit Sponsoring und Hochschulprivatisierung beschäftigen. Dabei ist auch die Marketing GmbH der Universität näher zu betrachten.
— Über die genannten Punkte hinaus gilt es für die Auseinandersetzung um die Aufgabe und Funktion der studentischen Orientierungseinheiten und ihre Anerkennung als Bestandteil des Studiums zu wirken. In den vergangenen Semestern sind durch die Universitätsleitung sowie durch einzelne Fachbereichsleitungen u.a. mittels Auslagerung aus der Vorlesungszeit die studentischen OEen in ihrer Bedeutung herabgemindert worden. Dennoch hat sich gezeigt, wie wichtig es für die hochschulpolitische Auseinandersetzung ist, gerade bei den Erstsemesterstudierenden die politische Diskussion in Gang zu bringen. Dies wollen wir weiterführen und ausbauen.
Seit über einem Jahr wird Hamburg von einem Rechtssenat regiert, der auch an die FSR- & FSRK-Arbeit neue Anforderungen stellt. Studentischen Positionen unter diesem Senat Gehör und Gewicht zu verleihen ist, wenn überhaupt, nur durch massiven Druck möglich. Dagegen haben sich – erwartungsgemäß – fortschreitende Entdemokratisierung, Verschlechterung der sozialen Lage von Studierenden, Verschärfung der Studienbedingungen sowie vermehrter Einfluß der Wirtschaft auf Wissenschaftsinhalte als Eckpfeiler der Hochschulpolitik des Rechtssenates gezeigt. So wird Druck auf Studierende aufgebaut ihr Studium lediglich stromlinienförmig zu absolvieren.
Das in breiten Kreisen des politischen Mainstreams grassierende neoliberale Gesellschaftsmodell, tritt in der Politik des Rechtssenates – nicht nur in dessen Hochschulpolitik – deutlich hervor. Diese Politik unterwirft sich und alle anderen den Interessen der Wirtschaft. Menschen sollen sich auf Manager ihres „Humankapitals“ reduzieren und gegeneinander um Lebens-Chanchen konkurrieren. Die in diesem Gesellschaftsmodell entstehenden Härten und Unzumutbarkeiten werden in die Verantwortung des einzelnen abgeschoben. Um solch eine Gesellschaftskonzeption zu legitimieren und stabilisieren braucht es rechtes Gedankengut. Nur so ist es möglich Gesellschaft und Politik aus der Verantwortung zu lassen und die Härten dieses Systems gegenüber den Verlieren autoritär durchzusetzen.
Die Arbeit gegen Rechts muss daher ein zentraler Bestandteil der FSRK-Tätigkeit sein. Hier gilt es unter anderem:
— Antifaschistische, antirassistische und antisexistische Bündnisse sowie entsprechende Aktionen zu unterstützen.
— an Aktivitäten und Bündnisse insbesondere gegen den Rechtssenat mitzuwirken
— gegen Forschung und Lehre anzugehen, die auf ein neoliberales Gesellschaftsmodell abzielen und die Konkurrenz zwischen den Menschen affirmieren.
— besondere Aufmerksamkeit muss auch den Verbindungen (Burschenschaften) an der Universität gelten. Auch hier ist auf dem Campus und insbesondere in den OEn Aufklärungsarbeit nötig. Dies ist von besonderer aktueller Bedeutung, da der hochschulpolitische Sprecher der Schill-Fraktion aus den Reihen der rechtsextremen Burschenschaft Germania stammt. Diese erhält so wieder direkten Einfluss auf die Hochschulpolitik und tritt neuerdings wieder verstärkt auf. Die Ursachen von Faschismus und Neofaschismus sowie die Zusammenhänge zwischen alter und neuer Rechte und dem Neoliberalismus sollen dabei innerhalb der FSRK Arbeit thematisiert und berücksichtigt werden. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei den Bedingtheiten und Zusammenhängen zwischen rechtsextremen Ideen und gemäßigteren, breiter aktzeptierten rechten Vorstellungen innerhalb des gesellschaftlichen Lebens und an der Universität.
Ganz wesentlich für die Deutung und Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse ist ihre kulturelle Verarbeitung: Sie ist als schöpferische Verarbeitung und Gestaltung von individuellen und kollektiven Lebensbedingungen immer politisch und nicht „neutral“. In ihr kommen die gesellschaftlichen Widersprüche und die unterschiedlichen Umgehensweisen damit zum Ausdruck.
So kann Kultur zum einen dazu beitragen, Widersprüche zu verschleiern und Probleme zu verdrängen und so Zustimmung zu den Verhältnissen herstellen, die Ursache eben dieser Widersprüche sind. Sie erfüllt so den Zweck, die Menschen an einer kritischen Auseinandersetzung mit ihren Lebensumständen zu hindern und Schlussfolgerungen für die Verbesserung dieser zu ziehen.
Andererseits kann sie der kritischen Erkenntnis nützen. Sie kann die Widersprüche aufgreifen und offen legen sowie Fragestellungen und Lösungsansätze bezüglich der Probleme der Menschen herausarbeiten.
In der letztgenannten Funktion ist die Kultur ein wirksames Instrument im Kampf gegen Ungleichheit und Konkurrenz, und damit im Kampf gegen die Zurichtung der Hochschulen auf die Anforderungen der Wirtschaft.
Bestandteil einer kritischen studentischen Kulturarbeit muss es daher sein, in Veranstaltungen
— Die gesellschaftlichen Verhältnisse kritisch zu hinterfragen und die Widersprüche aufzudecken
— Eine fortschrittliche Perspektive hin auf die soziale Gleichheit der Menschen aufzeigen/zu entwickeln In diesem Sinne kann kritische studentische Kultur zum Beispiel in folgenden Veranstaltungstypen realisiert werden:
— Kritische kulturelle Veranstaltungen wie Lesungen, Theater, Filmabende
— Aktionskunst, kritisches Straßentheater
— Politische Feiern, wie z.B. Soli-Parties und Motto-Feiern, die den kommerziellen Campus-Parties entgegengesetzt werden
— Campusrundgänge (z.B. historischer und/oder kultureller Art)
Die FSRK setzt es sich als Aufgabe, diese studentische Kulturarbeit durch die FSR zu initiieren und die FSR dabei zu unterstützen.
Die oben ausgeführte inhaltliche Arbeit der FSRK ist Grundlage für die Kooperation der Fachschaftsräte. Ganz wesentlich für diese Kooperation ist, daß die Fachschaftsräte sich miteinander auseinandersetzen können. Deswegen werden wir zweiwöchentlich FSRK-Sitzungen durchführen, die allen Fachschaftsratsmitgliedern aber auch anderen Interessierten die Möglichkeit bieten, gemeinsame Positionen zu entwickeln. Die spezifischen Probleme an den jeweiligen Fachbereichen werden verallgemeinert diskutiert, um Handlungsfähigkeit zu entwickeln, sowohl für die gemeinsame gesamtuniversitäre Auseinandersetzung als auch für das jeweilige Agieren am Fachbereich.
Darüber hinaus werden natürlich für alle Fachschaftsräte, die nicht regelmäßig an den FSRK-Sitzungen teilnehmen können, Einladungen zu den und Protokolle von den Sitzungen verschickt, damit die FSRK-Tätigkeit jederzeit verfolgt werden und so auch eine unregelmäßige Teilnahme produktiv realisiert werden kann. Die Einrichtung von Arbeitsgemeinschaften zu Themenschwerpunkten spielt hierbei eine zentrale Rolle.
Viele Fachschaftsräte existieren aber auch gar nicht mehr, noch nicht oder werden von Studierenden gestellt, die kaum Erfahrungen in hochschulpolitischen Auseinandersetzungen haben. Hier muß von der FSRK und erfahrenen Fachschaftsräten solidarisch Hilfe beim Aufbau oder Ausbau von Fachschaftsarbeit geleistet werden, wenn dies erwünscht ist. Über den Besuch dieser FSRe hinaus bietet sich die Durchführung eines Gremienvertreterseminars und/oder eines HoPo-Seminars an.
Die Kooperation der Fachschaftsräte in der FSRK ist Grundlage dafür, daß die FSRK-Referenten die gemeinsam erarbeiteten Positionen auf den Sitzungen des AStAs und des StuPas vertreten. Das setzt regelmäßige Teilnahme an diesen Sitzungen und Berichte bei der FSRK voraus.
Insbesondere ist mit den anderen Teilautonomen Referaten zusammenzuarbeiten. Insgesamt gilt, daß die Zusammenarbeit mit den anderen Hochschulen auszubauen ist, sowohl in der Landes-Asten-Konferenz als auch bundesweit im freien zusammenschluß der studierendenschaften (fzs).