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FSRK

Unversöhnbar: Demokratisches Engagement und Studiengebühren!

„Durch […] die Einführung von Kostenbeiträgen werden die Studierenden ihre Ausbildung als Investition in ihre Zukunft, als Investition in ihr Humanvermögen verstehen und sich Gedanken über die Rendite der Investition machen.“
„Hamburgs Hochschulen reformieren - Mehr Freiheit für unternehmerisches Handeln“, Handelskammer Hamburg, 1999.

„Um sich gut zu wehren, muß man viel wissen.
Man erobert auch keine Gesellschaft, bevor man sie kennt.“

Heinrich Mann, Die Macht des Wortes, 1935.

Ist Demokratie, wenn man eine Regierung hat, die die Bevölkerung regiert?
In Hamburg ist das Rathaus an die Rückseite der Börse gebaut. Dort sitzt inzwischen die Handelskammer.

In der bürgerlichen Aufklärung bilden das Wissen um die Lern- und Entwicklungsfähigkeit aller Menschen und der Anspruch gleicher Rechte eine Einheit. Weil jeder Mensch vernunftbegabt ist, ist er auch in der Lage und im Recht gemeinsam mit anderen seine Lebensverhältnisse politisch zu bestimmen und würdevoll zu gestalten.
Bildungseinrichtungen sind daher seit jeher hart umkämpft: Sind sie Institutionen der geistig-moralischen Herrschaftssicherung oder Ort sozialer und politischer Emanzipation?
Hieraus erklärt sich auch, warum um die Schulreform so verbissen gestritten wird.
In der heutigen Zeit ist dieser Konflikt besonders zugespitzt, weil auf dem hohen Niveau der technischer Entwicklung massenhafte höhere Qualifizierung für die wirtschaftliche Entwicklung unabdingbar ist.
Eine kritisch gebildete Masse jedoch hat ein großes Potential, bestehende Herrschaftsverhältnisse und soziale Ungerechtigkeit in Frage zu stellen und Überwinden zu wollen.
Wäre es nicht besser, die Hafenarbeiter und nicht die Hafenunternehmer würden den Wirtschaftssenator stellen?

Studiengebühren jedenfalls haben die zentrale Funktion, darauf hinzuwirken, dass die Bildungssubjekte darauf getrimmt werden, sich lediglich ökonomisch verwertbares Wissen eintrichtern zu lassen und von kritischer Aneignung der Welt Abstand zu nehmen.
Unter dem Druck der sozialen Belastung und dem ideologischen Druck der „Investition“ soll in möglichst kurzer Zeit nur das studiert werden, was der künftige Arbeitnehmer erwartet. Kritische Reflexion etwa der Verantwortung von Naturwissenschaften (z.B. beim Ölbohren im Meer) oder der Arbeitsbedingungen von Pädagogen (z.B. Schulstruktur) hingegen kosten Zeit und unter den Bedingungen des Bezahlstudiums ist Zeit Geld.
Auch das demokratische Engagement in der Selbstverwaltung und damit Selbstgestaltung der Bildungseinrichtungen wird so zurückgedrängt. (Im Übrigen ist das Gegenkonzept zur solidarischen Selbstverwaltung der Studierenden die konkurrenzbejahende Seilschaft der Burschen- und Turnerschaften. Hier schließt sich der Kreis.)

Die Gesellschaft ist überreif für einen politischen Richtungswechsel: soziale und kulturelle Verbesserung für die Bevölkerung statt fortgesetzt die Gürtel enger schnallen. Diese Verbesserungen können nur von den Menschen selber durchgesetzt werden. Die Abschaffung aller Bildungsgebühren ist ein notwendiger Beitrag. Die Fortsetzung der CDU-Regentschaft schiebt diese Notwendigkeit unverantwortlich auf.

http://www.fsrk.de/artikel_183.html [Stand 22. August 2010]