.
dokumentiert
Redebeitrag eines Ladeninhabers auf der "Uni bleibt!"-Demo

Die Uni soll bleiben!

Liebe Mitstreiterinnen, liebe Mitstreiter,

seit fast zwei Jahren führen wir gemeinsam eine Initiative unter dem Motto „Die Uni soll bleiben!“.
Sind wir verliebt in die Unigebäude? Sind wir faul und wollen wir nicht in die Hafencity verlegt werden? Oder sind wir so konservativ, dass wir gegen jede Veränderung im Alltagsleben Widerstand leisten? Sicherlich nicht!

Es war von Anfang an klar, dass die Verlegung der Unigebäude in die Hafencity ein politisch-ökonomisches Vorhaben des Hamburger Senats ist.
Politisch soll eine historische Geschichte ausgelöscht werden. Eine Geschichte, die gegen Faschismus, gegen Krieg und für ein demokratisches Verständnis steht. Eine Geschichte der kämpferischen Studentenbewegung, die maßgeblichen Anteil an allen fortschrittlichen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte in unserer Gesellschaft hat. Darunter der Kampf gegen die Stationierung von Pershing II in Deutschland (1982), gegen die NATO und gegen die Umweltzerstörung.
Ökonomisch gesehen soll ein Stadtteil vernichtet werden, damit die großen Konzerne ihre Profite unter dem Deckmantel vom Wahrzeichen der Hamburger Metropole wie die Hafencity und die Elbphilharmonie, maximieren können.
Für beide oben genannte Ziele stand und steht der Hamburger Senat mit Wirtschaftssenatorin, pardon, Wissenschaftssenatorin Gundelach und der ehemaligen Universitätspräsidentin Monika Auweter-Kurtz, auch bekannt als „Raketen-Moni“.
Im Gegensatz zu diesem politisch-ökonomischen Interesse stand und steht unsere Position.
Wir kämpfen gemeinsam für den Erhalt der Unigebäude, die eine demokratische, kulturelle und fortschrittliche Tradition haben. Gebäude, die historisch gewachsen sind und mit dem Hamburger Zentrum eine Einheit bilden. Gebäude, in denen jeden Tag tausende junge Menschen an den Mahntafeln vorbeigehend an die grausamen Taten der Nazi-Herrschaft erinnert werden. Gebäude, deren Erinnerungen an humanistische Streiter wie Carl von Ossietzky, Martin Luther King oder Salvador Allende, durch die nach ihnen benannten Gebäude und Plätze, das Unbehagen des Senats gegenüber der Universität Hamburg hervorruft.
Denn auch heute ist die Universität – entgegen aller Zerstörung, die mit Bachelor/Master und Studiengebühren angerichtet wurde – ein fortschrittlicher Gegenpol zur sogenannten „Wachsenden Stadt“, dem Krieg der Standorte. Hier ist reger Austausch zwischen Menschen aller Länder in der Universität und zwischen Universität und Stadtviertel lebendiger Internationalismus. Hier liegt auf der Hand, dass Frieden eine Aufgabe aller ist. Und hier werden im Copyshop nicht nur Skripte und Klausuren kopiert, sondern zahlreiche politische Hochschulgruppen erstellen Flugblätter. Das ist der Unterschied zwischen einer historisch gewachsenen und eingebundenen Uni und einer Retortenuni, so wie der Unterschied zwischen kleinen Läden und Kulturorten einerseits und McDonalds andererseits, oder wie der zwischen Friedensforschung und Rüstungsforschung.
Kurz gesagt: Zwei Konzepte stehen gegenüber. Humanistischer Fortschritt, Geschichtsbewusstsein und Internationalismus gegen Globalisierung mit allen ihren verheerenden Resultaten.

Liebe Mitstreiterinnen, liebe Mitstreiter,

wir haben über 21.000 Unterschriften gesammelt, wir haben die Kriegspräsidentin weggejagt. Der akademische Senat hat ein eindeutiges Votum für den Verbleib der Uni gegeben. Wir können auf die bisher erzielten Erfolge stolz sein. Jetzt geht es zum letzten Etappensieg. Dieser Kampf ist Teil eines breiten Kampfes in dem es um Bildung in dieser Gesellschaft geht. Im letzten Jahr haben über 270.000 Schülerinnen und Studenten für bessere Bildung, für eine gebührenfreie Universität und gegen den Bologna Prozess gekämpft. In den nächsten Tagen stehen einige Kämpfe vor uns.
Am 9. Juni findet ein bundesweiter Bildungsstreik und am 12. Juni zentrale Demonstrationen in Berlin und Stuttgart unter dem Motto „Wir zahlen nicht für eure Krise!“ statt.
Dies zeigt: Uns steht ein heißer Sommer bevor!
Unsere heutige Demo ist ein Auftakt und ein Anlass unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Wir fordern: Die Uni soll bleiben! Kostenlose, kritische Bildung für alle – von der Krippe bis zur Hochschule!

Herzlichen Dank für Ihre Geduld

http://www.fsrk.de/artikel_180.html [Stand 8. Juni 2010]