„Allmählich wird es in den deutschen Häfen wieder eng: Maschinen, Autos und andere deutsche Waren sind im Ausland gefragt. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, hat es bei der Ausfuhr im Mai einen Zuwachs fast 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr gegeben.“
Hamburger Abendblatt: „Der deutsche Außenhandel boomt endlich wieder“, 8. Juli 2010
„Aber etliche, hören wir, können immer noch Arbeit finden: da, wo man den Weizen in ganzen Zuglagen in das Meer schüttet, welches das pazifische genannt wird.
Und die auf den Parkbänken übernachten, hören wir, sollen mit ganz unerlaubten Gedanken
diese leeren Hochhäuser sehen vor dem Einschlafen.
Welch ein Bankrott! Wie ist da ein großer Ruhm verschollen!“
Bertolt Brecht, „Verschollener Ruhm der Riesenstadt New York“, 1930.
In Hamburg hat sich - Export und Hafen sei Dank - die Wirtschaft satt erholt. Laut Forbes leben in der „wirtschaftsfreundlichen“ Stadt über 40.000 Millionäre. Mehr Steuerprüfer einzustellen, durch die jene dazu bewegt werden könnten, wenigstens die ihnen auferlegten Steuern zu zahlen, hat der aktuelle Hamburger Senat wiederholt verweigert. Das hiesige Finanzamt für Großunternehmen belegt auf der bundesweiten Liste der laschesten Kontrollen den zweiten Platz.
Schlecht gemimten schweren Herzens hat derweil der scheidende Bürgermeister verkündet, daß die Bevölkerung über ihre Verhältnisse gelebt habe. Die Konsequenz: Alle Behörden sind mit Senatsbeschluß gleichermaßen dazu aufgefordert, massive Einsparungen vorzunehmen; die Weihnachtsgelder der städtischen Beamten sollen gestrichen werden; die KiTa-Gebühren wurden erhöht.
Mit dieser dreist bevölkerungsfeindlichen Politik nimmt der CDU ihre „Volkspartei“-Lüge kaum mehr jemand ab - darin besteht ihre tiefe Krise. Die „Wachsende Stadt“ ist politisch bankrott. Ein politischer Richtungswechsel steht auf der Tagesordnung.
Die fortgesetzte Erhebung von Studiengebühren macht sinnbildlich deutlich, welche Grundsatzentscheidung ansteht: Die Gebühreneinnahmen von 30 Mio. Euro jährlich sind angesichts des Reichtums der Stadt ein Klacks. Ihre Erhebung soll aber die Studierenden darauf trimmen, Bildung für eine Ware zu halten, an der es mangele und um die deshalb in Konkurrenz zu ringen sei. Daher sei das individuelle Durchwurschteln im Sinne möglicher (befristeter) Arbeitgeber alternativlos.
Diese Rechnung ist zwar barer Unfug und wird deshalb als solcher auch erkannt, was aber unter dem sozialen Druck der Gebühren trotzdem herauskommt, ist freudloses, erkenntnisarmes und unproduktives Ausharren im „Unterricht“, und daß die Bildungsinstitution allen verleidet wird. „Lernen“ ist heute kein positiv besetzter Begriff.
Die erneute Abschaffung der Gebühren würde bedeuten, daß der Druck zur Anpassung gelockert wird, weil Bildung gegenüber Ausbildung wieder einen höheren Stellenwert erlangen muß. Denn nur so kann die Bildung zu einer vernünftigen Entwicklung für eine erfreuliche Zukunft aller beitragen. Das streng getaktete, bulimische Lernen des Bachelor/Master wäre damit als allgemeinwohl- und entwicklungshindernd ebenfalls in Frage gestellt. Die Voraussetzungen wären errungen, die Uni zügig zu einem Ort zu machen, an dem man sich wieder gerne aufhält, weil man hier in solidarischer Erkenntnisgewinnung für alle produktiv arbeitet und sich dabei gemeinsam entwickelt. Für Gebührenfreiheit ist für Emanzipation.
Zum 25. August tritt der Bürgermeister in der Bürgerschaft zurück. Nicht unwahrscheinlich ist, daß dann kein neuer Bürgermeister gewählt, sondern Neuwahlen beschlossen werden. Am selben Tag könnte die Bürgerschaft dem Beispiel Hessens folgen und sofort die Gebühren abschaffen.
Mit intensivierten Aktivitäten für die Gebührenfreiheit des Studiums wollen wir die Wahrscheinlichkeit für beides erhöhen: das Ende des Senats und der Gebühren.