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FSRK

Wer will eigentlich noch Studiengebühren?

„Wir sind bereit darüber zu diskutieren, alternative Möglichkeiten anstelle von Studiengebühren zu suchen“

Peter Müller (CDU), Ministerpräsident im Saarland, „CDU und Grüne sondieren weiter“, Pfälzischer Merkur, 4.10.2009.

Die FSRK startet im Wintersemester gemeinsam mit Bündnispartnern aus Gewerkschaften, Oppositionsparteien, politischen Jugendverbänden und ASten eine Unterschriftenkampagne für die Gebührenfreiheit des Studiums. Warum? Weil Studiengebühren abgeschafft gehören und abgeschafft werden können.

Der einstige Hamburger Wissenschaftssenator Jörg Dräger (damals im Senat CDU/FDP/ Schill-Partei, heute im CHE des Bertelsmannkonzerns) war sich vor fünf Jahren nicht zu schade, auf Drängen der Arbeitgeberverbände gegen das generelle Verbot von Bildungsgebühren vor das Verfassungsgericht zu ziehen. Nach seinem zweifelhaften Erfolg mit der Begründung, Bildung sei „Ländersache“, führte er in Hamburg 500 Euro (statt der geplanten 2500 Euro) allgemeine Studiengebühren ein. Entgegen dem Ansinnen seiner kapitalstarken Unterstützer folgten ihm bildungsunverantwortliche Amtskollegen in nur sechs weiteren Bundesländern.

Um dem Unfug der Gebühren den Anschein der Vernunft zu verleihen, versprach der smarte Technokrat verbesserte Studienbedingungen, höhere Studierendenzahlen und mehr Einfluß der Studierenden. All diese Versprechen haben sich inzwischen als die Lügen entpuppt, die sie von Anfang an waren. Das aus Gebühren finanzierte Folterinstrument „Stine“ ist mitnichten eine Verbesserung der Studienbedingungen, die Zahl der Studierenden ist alleine an der Uni Hamburg um etwa 10.000 empfindlich geschrumpft und die universitäre Mitbestimmung wurde erheblich zurückgedrängt.
Auch die jüngst von Schwarz-Grün eingeführte Nachlagerung erweist sich als Reinfall, denn zusätzlich zu den vielen nicht-Stundungsberechtigten zahlen viele die Gebühren „freiwillig“, aus begründeter Skepsis gegenüber Verschuldung, sofort. Somit bleibt nun der hinter dieser Maskerade verborgene Zweck der Gebührenerhebung nackt und mull zurück: Die sogenannte Lenkungsfunktion, durch die die Studierenden selbst die Bildung kommerzialisieren sollen, indem sie nur lernen, womit sie sich - selbst Ware - auf dem Arbeitsmarkt besser verkaufen können. Dieser Unsinn ist gegen das positive Entwicklungspotential der Menschen zu mündigen, kritischen und verantwortungsbewußten Mitgliedern der Gesellschaft gerichtet. Was hat uns die „Lenkung“ gebracht? Nicht zuletzt die allgemeine Verunsicherung und Hilflosigkeit auch der Wissenschaft gegenüber der weltweiten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krise.

In Hessen wurden die Gebühren bereits wieder zurückgenommen. Gelungen ist dies durch unverbrüchliches oppositionelles Handeln der dortigen Studierendenbewegung, ermuntert auch durch die hiesigen Studiengebührenboykottaktivitäten. Es wurden dort u.a. mehr als 78000 Unterschriften für eine Verfassungsklage gesammelt. Das ist uns dafür Vorbild, auch in Hamburg Unterschriften für die Gebührenfreiheit zu sammeln. Auch im Saarland ist nun erkämpft, daß, egal welche Regierungskonstellation zustande kommt, die Studiengebühren abgeschafft werden. Wenn das selbst unter einer Jamaika-Koalition im Saarland möglich ist, dann ist es in Hamburg, wo eine für Gebührenfreiheit gewählte Mehrheit aus SPD, GAL und DIE LINKE in der Bürgerschaft sitzt, die FDP aber nicht, erst recht möglich. Die Uni Hamburg hat sich mit einer studentischen Urabstimmung im letzten Semester sowie mehrfachen und jüngst einstimmigen Beschlüssen im Akademischen Senat und im Studierendenparlament gegen die Gebührenerhebung ausgesprochen. Auch die Bevölkerung in Hamburg ist laut allen Umfragen mehrheitlich für die Gebührenfreiheit. Diese verbreitete Meinung ist stärker zu qualifizieren und praktisch zur Geltung zu bringen.

Es ist an der Zeit, den Anspruch emanzipatorischer Bildung, also auf gemeinsame kritische Erkenntnis für die Verbesserung der Lebensbedingungen aller gerichtetes Lernen und Eingreifen, neu als einzig sinnvolle und notwendige Aufgabe von Universitäten gesellschaftlich durchzusetzen.

http://www.fsrk.de/artikel_148.html [Stand 6. Oktober 2009]