„Unser Ziel bleibt der Erhalt der Studiengebühren. Wenn sich die hessischen Grünen für nachgelagerte Studiengebühren aussprechen sollten, dann macht die FDP dies auf jeden Fall mit.“
Studiengebühren gibt es lediglich in sechs Bundesländern, und auch das erst seit drei Jahren (und in Hessen sollen sie zum Wintersemester auf Initiative von DIE LINKE, SPD und Grünen – noch vor der Regierungsbildung – aufgehoben werden). Sie sind mitnichten selbstverständlich oder allseits akzeptiert. Aufgrund der dauerhaften Kritik an der marktradikalen Wissenschafts- und Bildungspolitik sehen die rechten Kräfte den Fortbestand der Gebühren zu Recht gefährdet. Der „Kompromiss“ aus den schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen in Hamburg soll ihn möglich machen. Warum die Rettung eines Anachronismus’ zulassen?
Die Kritik an der sozialen Auslese durch die Gebühren muss integriert werden; 375 Euro Studiengebühren pro Semester sollen nach den Vorstellungen von CDU und GAL erst nach dem Studium und ab einer Einkommensgrenze von 30.000 Euro brutto gezahlt werden. Wenngleich die abschreckende Verschuldungslast bestehen bleibt, ist das eine erkämpfte Verbesserung. Die zweifelhafte Durchführbarkeit der Rückzahlungsforderung belegt jedoch wieder einmal, dass es in der Hauptsache nicht ums Geldeintreiben, sondern um die „Lenkungsfunktion“ geht. Diese soll nun weniger durch unmittelbar sozialen als durch kulturellen Druck durchgesetzt werden und bedarf der klaren Gegnerschaft: Das Studium wird verstärkt zum Privileg erklärt, das den individuellen Aufstieg ermögliche, wofür im rundum fragwürdigen „Erfolgs“-fall dann auch eine finanzielle Gegenleistung zu erbringen sei. So soll der Blick dafür eingeschränkt werden, dass sich alle in derselben bescheidenen Lage befinden, sich am Arbeitsmarkt verkaufen zu sollen. Bildung kann und muss hingegen die kooperative Entwicklung des Menschen und seiner Bedürfnisse fördern.
Diejenigen, die am lautesten das Privileg der Studierenden proklamieren (Unternehmensverbände und beispielsweise auch die Deutsche Bank) sind die wirklich Privilegierten, indem sie in der Lage sind, auf Kosten anderer Leute – Akademiker oder nicht – Geschäfte zu machen. Nebenbei: der Kredit, den die Uni aufnehmen soll, bis die ersten Studierenden die nachgelagerten Gebühren tatsächlich berappen, würde diesen volkswirtschaftlichen Schaden noch verschärfen – die Bevölkerung zahlt über Steuern den Haushalt der Stadt und daraus die Zinsen; es verdienen die Banken. Warum nicht ran an diejenigen mit den satten Gewinnen?
Nachgelagerte Studiengebühren wären die Fortsetzung der Bildungsprivatisierung. Bildung als gesellschaftliche Aufgabe und also öffentlich zu finanzierendes Gut ist Voraussetzung für kritische, allgemeinwohlorientierte Inhalte. Mit dem Kampf für Gebührenfreiheit in Hamburg haben wir weiterhin Verantwortung für die Entwicklung emanzipatorischer Bildung überall. Bildung ist ein Menschenrecht. Das Engagement für seine Verwirklichung tut gut. Die Abschaffung der Studiengebühren ist allemal weiter möglich – auf jeden Fall gilt: während dieses Semesters keinesfalls die Gebühren zahlen.