(2) Die Hochschulen können durch Satzung bestimmen, dass entsprechend den Anforderungen der Studiengänge abweichend von Absatz 1 außer der Hochschulreife eine praktische Tätigkeit, eine besondere Vorbildung oder eine besondere Befähigung nachzuweisen ist.
§ 42 Abs. 3 Nummer 3
[Exmatrikulierung ist möglich wenn] sie [die Studierenden] durch schweres schuldhaftes Fehlverhalten erheblichen Schaden zugefügt haben; die Hochschulen regeln das Verfahren in diesen Fällen durch besondere Satzung.
§ 42 Abs. 4
Die Hochschulen können durch Satzung bestimmen, dass Studierende exmatrikuliert werden können, wenn ihre Studienzeit mehr als das Doppelte der Regelstudienzeit des Studiengangs beträgt, für den sie immatrikuliert sind.
§ 46 Abs. 3 Satz 1
Die Hochschulen schaffen zum Nachweis von Studien- und Prüfungsleistungen Leistungspunktsysteme, die auch die Übertragung erbrachter Leistungen auf andere Studiengänge ermöglichen.
§ 54 Abs. 1
(1) Die Hochschulen sollen Studiengänge einrichten, die zu einem Bachelor- oder Baccalaureusgrad und zu einem Master- oder Magistergrad führen.
Nach dem „Letter of intent“ (LOI) folgt nun der nächste Streich von (Wissenschafts-)Senator Dräger. Er schlägt in einem Referentenentwurf eine Novellierung des Hamburger Hochschulgesetzes vor. Neben der Entdemokratisierung der Hochschule und der Einführung von Studiengebühren für Studenten, die länger als die Regelstudienzeit plus vier Semester studieren (s. andere FSRK-Flugblätter), zeigen die auf der Vorderseite aufgeführten Paragraphen, dass Dräger eine stärkere Leistungsorientierung will. Der Druck auf die Studierenden soll mit Hilfe von Credit Points (§ 46) und stark verschulten Studiengängen (§ 54) erhöht, Exmatrikulierung erleichtert werden (§42).
Nun ist Deutschland eines der Länder mit einer sehr geringen sozialen, vertikalen Mobilität im Bildungssystem. In kaum einen anderen OECD-Staat ist es so unwahrscheinlich, wie in Deutschland, dass das Kind eines Bauarbeiters studiert. Eine Umsetzung der Vorschläge von Herrn Dräger würde diese Tendenz noch verstärken. Mit dieser Leistungsorientierung wird das Finanzieren des Studiums immer schwieriger. Wie die Erfahrung aus dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaften gezeigt hat, ist das Einführen eines „Leistungspunktsystems“ mit einem Plus an Prüfungen verbunden. Man muß schneller studieren, weil aufgrund anderen Regelungen der Zeitraum, in dem man eine Klausur wiederholen darf verkürzt wird u.s.w. Da ist Jobben kaum möglich, geschweige denn so viel, dass man sich seinen Lebensunterhalt verdienen kann.
Das Argument mit Credit-Points könne man die Vereinheitlichung der Hochschullandschaft erreichen, erweist sich als Trugschluss. In Hamburg und in Deutschland gibt es bereits mehrere Studiengänge, die ein Leistungspunktsystem eingeführt haben. Diese sind allerdings weitgehend verschieden. Darum ist es noch lange nicht einfacher, sich bei Hochschul- oder Fachwechseln einen Schein anerkennen zu lassen. Wenn ein Prüfungsbeauftragter die bisher erbrachten Leistungen nicht für ausreichend hält, hält er sie nicht für ausreichend. Andererseits ist es bereits heute so, dass man sich Seminare aus anderen Fachbereichen im eigenen FB anerkennen lassen kann, wenn das Thema passt. Das Ziel eines Credit-Point-Systems ist also die Erhöhung des Drucks auf die Studierenden.
Auch die Einführung von BA und MA Studiengängen zeigt bedrohliche Tendenzen. Auch hier greift das Argument der Vereinheitlichung nicht. Als empirisches Beispiel kann hier das Land genommen werden, dass als Vorbild für BA/MA Systeme gilt. In den USA ist es keineswegs so, dass man ein einheitliches, gut vergleichbares Studiengangsystem vorfindet, trotz BA’s und MA’s. Also stellt sich die Frage, was mit der Einführung dieser Studiengänge erreicht werden soll. Wir haben in Hamburg bereits ein breit gefächertes Angebot an Studiengängen. In vielen Fächern ist es möglich in zwei oder mehr unterschiedlichen Studiengängen zu studieren. Die Einführung zwei weiterer Studiengänge deutet darauf hin (bedeutet in der Konsequenz), dass die bisher bestehenden Abschlüsse abgebaut werden (was durchaus den Vorstellungen des Senats entspricht). Was mit der Einführung eines BA/MA-Systems als Regelstudiengänge erreicht werden soll, ist die Unterteilung der Studierenden in zwei Gruppen: Das Bildungsproletariat und die Elite. Die nach vier bis sechs Semestern mit einem BA Abschließenden, wären schnell und unwissenschaftlich ausgebildete Arbeitskräfte, diejenigen, die einen Master of Science erreichen, stellen dann die wissenschaftliche und wirtschaftliche Elite. Wiederrum zeigt sich die unsoziale Komponente des Gesetzentwurfs: Sozialer Aufstieg wird in zweierlei Hinsicht blockiert. Erstens macht ein BA als Regelabschluss der meisten Studierenden nur Sinn, wenn er als berufsqualifizierender Abschluss gilt. Bafög wird aber nur bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss gezahlt (siehe Bundesausbildungsförderungsgesetz). Damit würde ein Bafög Empfänger nach seinem BA keine Unterstützung mehr erhalten. Um einen MA zu machen, ist aber der BA erst einmal nötig. Zweitens ist es auch für Kinder aus einkommensschwachen Familien, die aber kein Bafög bekommen schwerer einen MA zu machen, da in einer schlechten finanziellen Situation eher auf den kürzeren, wenn auch weniger qualifizierenden Abschluss zurück gegriffen wird.
Nicht nur von Herrn Dräger auch von Herrn Lüthje wird immer wieder gefordert, dass die Universitäten sich ihre Studenten selbst aussuchen dürfen. In § 37 wird der Weg dafür geebnet. Wenn die Universitäten durch Satzung bestimmen können, dass „bestimmte Befähigungen“ nötig sind um einen Studienplatz zu bekommen, läuft das darauf hinaus, dass eventuell in ein paar Jahren Bewerbungsgespräche geführt werden müssen, um einen Studienplatz zu erhalten.
Last but not least sind im Gesetz Regelungen vorgesehenen, um eine Exmatrikulation zu erleichtern. So wird man exmatrikuliert wenn man doppelt so lang wie die eigentliche Regelstudienzeit studiert oder der Uni Schaden zufügt, wobei nicht näher definiert wird, was so ein „schweres schuldhaftes Fehlverhalten“ sein soll. Gefragt ist stromlinienförmige Student. Der Rest muß sich warm anziehen.
Eine weitere Erhöhung des Leistungsdrucks hätte fatale Folgen für das was das deutsche Hochschulsystem gerade so besonders macht. Man hat die Möglichkeit neben dem normalen Studium noch eine Fremdsprache zu lernen, man hat die Möglichkeit sich links und rechts seines Faches umzusehen und so ein breit gefächertes, statt ein auf einen Bereich konzentriertes Wissen zu erlangen. Dieses in vielen Fächern wenig verschulte, selbständige Studieren ist in Deutschland historisch gewachsen. Es gilt diese Errungenschaften zu erhalten.
Wir fordern:
Gegen die von Senator Dräger vorgelegte Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes!!!
Zukunft der Hochschulen - Vermarktung der Bildung?
Diskussion und Beschlußfassung zu studentischen Aktivitäten
gegen den „Letter of Intent“ und die geplante HmbHG-Novellierung
Mittwoch, 15. Mai 2002, 14 Uhr
AUDIMAX I
V.i.S.d.P.: AG der Fachschaftsrätekonferenz (FSRK) unter Beteiligung von Mitgliedern der FSRe Geschichte, Jura, Sozialwissenschaft.