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FSRK
FSRK und AStA: Kämpferisch in das Wintersemester 2014

Manifest für einen heißen Herbst

„Wir setzen uns von denjenigen Auffassungen ab, für welche nicht der Mensch, sondern die Forschung an der Spitze steht. Wir glauben, dass Hochschulbetrieb nur soweit gerechtfertigt ist, als er Dienst am Menschen bleibt. Dieser Dienst ist nicht auf den Studenten beschränkt, der unterrichtet und gebildet werden soll, sondern er gilt mittelbar oder unmittelbar dem ganzen Volk. Menschliches Leben ist gemeinsames Leben von verantwortlichen Personen in der Welt. Nur als Teil dieses Lebens ist die Hochschule gerechtfertigt.“

„Blaues Gutachten“ zur Hochschulreform, 1948.

„Ob das Ende der ›unternehmerischen Hochschule‹ besiegelt ist, wird jetzt zur politischen Frage. Ihr praktischer Erfolg hängt nun von vielem ab, auch davon, ob fortschrittliche Ansätze, die auf gesellschaftliche Verantwortung der Wissenschaft zielen, in der herrschaftslogischen Vernunftreduktion auf den eigenen Standort einkassiert werden. Wenn man solchen Gefahren entgegentreten will, muss man ein alternatives Modell von Hochschule stark machen, das in ein solidarisches Projekt der Demokratisierung eingebunden ist.“

S. Lehmann, Bundessprecher GEW-Studierende, „Das Ende der unternehmerischen Hochschule?“, in Forum Wissenschaft 2/2011.

Der Dienst am Menschen, den die Hochschulen als Institutionen und ihre Mitglieder als verantwortliche Personen auch als antifaschistische Konsequenz sinnvoll wahrnehmen können, ist die geistige und kulturelle Bereicherung der Stadt zur Verallgemeinerung sozialer und wirtschaftlicher Demokratie, mit einem Wort, zur Verwirklichung der Würde des Menschen beizutragen. Im Bewusstsein um diese historische Bedeutung wird alles, was dies erschweren oder mindern soll, aus den Hochschulen massiv kritisiert und ist praktisch bereits vielfältig durchbrochen. Die Mitglieder treten dafür ein, z.B. in der Diskussion um ein neues Hamburgisches Hochschulgesetz, starre Management-Strukturen und betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente zu überwinden. Die derzeitige Studienreform ist darauf gerichtet, solidarisches Lernen als Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme zu ermöglichen. Die Hervorbringung ziviler menschlicher Verhältnisse und von sozialer Gleichheit in Gegenwart und Zukunft entspricht einer vernünftigen Bestimmung der Wissenschaft. Es kommt darauf an, diese Alternative zur Verzweckung des Menschen als „Humankapital“ und Drittmittelabhängigkeit von Forschung zu ihrer marktkonformen Ausrichtung, wie sie in der Kürzungspolitik und im „Strategiepapier“ der Behörde den Hochschulen nahegelegt wird, konsequent und beherzt durchzusetzen:

Verantwortungsvolle Wissenschaft:

Die strategischen Ziele der Universität, gefasst u.a. in ihrem Leitbild, sind von enormer Aktualität: „Internationalisierung von Bildung und Wissenschaft für eine friedliche und menschenwürdige Welt“ und die Orientierung an der „ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltigen Entwicklung“ für eine „humane, demokratische und gerechte Gesellschaft“. Indem wir den Zweck der Wissenschaften in den gesellschaftlichen Widersprüchen zwischen arm und reich, Krieg und Frieden, Wirklichkeit und Möglichkeit human bestimmen, gelingt es uns, die internationale Kooperation der Hochschulen zur Verallgemeinerung von wissenschaftlichen Erkenntnissen und technischem Fortschritt auszubauen und gegen provinzialistische Standortideologen und die Politik der „Cluster“-Wirtschaft durchzusetzen.

Wir fordern daher:
— die demokratische Entwicklung von Wissenschaftsinhalten anhand gesellschaftlicher Entwicklungserfordernisse statt der Orientierung an Kennziffern
— die Stärkung des Konzeptes der nachhaltigen Universität
— die partnerschaftliche Kooperation zwischen Behörde und Hochschulen zur Verwirklichung
gesellschaftlicher Entwicklungserfordernisse der Wissenschaft
— die Verankerung einer Zivilklausel im Hochschulgesetz
— die Befreiung der Forschung aus der Drittmittelabhängigkeit
— die Förderung von Interdisziplinarität in Studium, Lehre und Forschung
— die internationale Kooperation der Hochschulen auszubauen statt auf den Standort zu schielen

Emanzipatorische Bildung:

„Bildung mündiger Menschen“ – das bedeutet solidarisches Lernen für die gemeinsame kritische Handlungsfähigkeit gerichtet auf soziale und kulturelle Verbesserungen. Wir sind der Überzeugung, dass die Verallgemeinerung einer wissenschaftlich-kritischen Lebensweise, angesichts der uneingelösten Möglichkeiten von Frieden bis zu weltweiter Prosperität umso drängender verwirklicht werden muss. Die Universität will gemäß ihres Leitbildes für alle Menschen „ein Ort lebenslangen Lernens sein und ein öffentlicher Raum der kulturellen, sozialen und politischen Auseinandersetzung. Die Hochschulen in diesem Sinne nutzend und belebend überwinden wir Konkurrenz schürende Selektionsinstrumente und Leistungsvergleiche. Erst recht kommt es jetzt darauf an, mit der Erweiterung kultureller und intellektueller Ansprüche und dem solidarischen Kampf um ihre Realisierung alle Fesseln der Entfaltung zu sprengen – für interessegeleitetes, problemlösungsorientiertes und gesellschaftskritisches Lernen.

Wir fordern daher:
— die Beseitigung aller Hürden des Hochschulzugangs und einen entsprechenden Ausbau des Studienplatzangebotes
— die kombinierte Zulassung zu Bachelor und Master
— forschendes Lernen statt vertiefungsfeindliche Module und Kreditpunkte-Jagd
— den kooperativen Austausch über Lernfortschritte und -herausforderungen statt Dauerstress durch Prüfungen und Noten
— die Abschaffung der Zwangsberatung
— den Ausbau der studentischen Orientierungseinheiten
— den Ausbau sanktionsfreier Studienberatungsangebote
— die Einführung eines elternunabhängigen BAFöGs als Vollzuschuss

Demokratische Hochschulen:

Weltzugewandte Wissenschaften und kritische Persönlichkeitsbildung bilden eine Einheit mit der demokratischen Verfasstheit der Institution. Mit dem Zusammenwirken aller Hochschulmitglieder, gruppen- und fächerübergreifend, basierend auf Information und Transparenz, demokratischer Beteiligung und dem Willen zur Konfliktlösung überwinden wir hierarchische Strukturen, Marktinstrumente und die Misstrauenskultur. Wir kämpfen daher für eine zügige weitere Novelle des Hamburgischen Hochschulgesetzes, gerade weil in der jüngst beschlossenen all der Blödsinn gegen massenhafte Kritik aus Hochschulen und Gewerkschaften wesentlich fortgeschrieben wurde. Nur demokratisch verfasste Hochschulen zivilisieren die ganze Gesellschaft und sind auch eine kulturelle Bereicherung für die Bevölkerung.

Wir fordern daher:
— die Abschaffung des Hochschulrates und die Wiedereinrichtung des Konzils
— Abschaffung der Ziel- und Leistungsvereinbarungen
— Viertelparität in allen Gremien der akademischen Selbstverwaltung
— den Mitgliederstatus für alle Beschäftigten der Universität und die Einrichtung einer entsprechenden Personalvertretung
— die Aufhebung des Einstellungsstopps und die verbindliche Umsetzung des „Code of Conduct“ zur Beseitigung prekärer Beschäftigungsverhältnisse

Bedarfsdeckende öffentliche Finanzierung:

Ob ausreichend Masterplätze oder die Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Personals und die Beendigung des Einstellungsstopps – emanzipatorische, verantwortungsvolle und demokratische Hochschulen erfordern eine bedarfsdeckende öffentliche Finanzierung. Mit dem Kampf um die Durchsetzung dieser sinnvollen Vorhaben überwinden wir auch die Drittmittelabhängigkeit der Bildung von Konzernen und Stiftungen als Minderung des gesellschaftlichen Gebrauchswertes wissenschaftlicher Tätigkeit. Noch steht dagegen die „Schuldenbremse“. Sie ist ideologisches und praktisches Kerninstrument zur fortgesetzten Kommerzialisierung aller Lebensbereiche mit dem Hauptzweck der Einschüchterung und Unterdrückung progressiver gesellschaftlicher Entwicklungsansprüche. Die Schuldenbremse gehört abgeschafft. Verbesserungen beginnen!

Wir fordern daher:
— das sofortige Ende der Schuldenbremsenpolitik
— den opulenten, mindestens bedarfsgerechten Ausbau der öffentlichen Etats für Bildung, Soziales, Kultur und Gesundheit
— die aus der Übernahme der BAFöG-Mittel durch den Bund freiwerdenden Gelder den Hochschulen zur Verfügung zu stellen

Für diese Ziele wollen wir uns ab sofort ins Zeug legen. Unser Engagement soll die Vorbereitung eines politischen Starts in das Wintersemester, einen kämpferischen heißen Herbst in der Stadt und das Eingreifen der Verfassten Studierendenschaft in den Bürgerschaftswahlkampf bestimmen. Wir rufen alle Studierenden auf, sich zu beteiligen.

http://www.fsrk.de/artikel_350.html [Stand 3. Oktober 2014]


Manifest für einen heißen Herbst