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FSRK

Die Springerpresse und die Studierendenbewegung.

Warum das Hamburger Abendblatt den Boykott der Gebühren bekämpft

„Liebe deutsche Unis,
[…] Ich frage mich ernsthaft, wie unsere deutschen Professoren ihren Tag verbringen. Bohren sie in ihren 68er-Soziologennasen, wandern sie im Spessart mit Öko-Sandalen? Ich habe den berühmten Informatik-Professor Uenthner angerufen, der in Amerika und in Deutschland lehrte. "Junger Freund", sagte er mir, "in den 20er-Jahren in Göttingen saß in jedem zweiten Zimmer ein Nobelpreisträger. Hitler hat die Klugheit aus Deutschland vertrieben."
Als Zweites sagte er mir: "Macht aus euren Universitäten Firmen, lasst keine Studenten zu, die gerade so das Abitur schafften. Das Massenabitur ist die Massendummheit."
Ich denke, wir brauchen einen Bildungsminister. Wenn wir schon jemanden haben, dann kenne ich seinen Namen nicht. Frau Merkel, unsere Unis werden Chefsache.
Herzlichst
Ihr F. J. Wagner“

Bild, Kolumne „Post von Wagner“, 15.08.2007. html

„Bild schoß mit“

68er-Parole nach der Erschießung des Studenten Benno Ohnesorg auf einer Studenten-Demonstration durch die Polizei.

Der Springerverlag kämpft mal wieder an vorderster Front für Deutschland im Dienste des Unternehmertums.

Der kommerziellen Pervertierung der Hochschulen in „Firmen“ dient ganz maßgeblich die politische Erzwingung von Studiengebühren (die Hamburger Handelskammer rief nach diesen schon 1999 in einer Broschüre mit dem Titel „Hamburgs Hochschulen reformieren - mehr Freiheit für unternehmerisches Handeln.“). Der „Dienstleister“ Hochschule biete die Ware Bildung und Wissenschaft an, der Mensch sei „Kunde“ und erwerbe das Wissen zur Steigerung des eigenen Marktwertes. Individuelles Durchboxen und die Marktförmigkeit der Wissenschaftsinhalte sei akademischer Alltag.

Der Boykott der Studiengebühren eröffnet dagegen eine ganz andere Perspektive. Mit solidarischer Alltagskultur und gemeinsam praktizierter (Selbst)aufklärung über systematische Ursachen und Verursacher der Bildungsmisere wird für die soziale Öffnung der Hochschulen, demokratische Beteiligungsmöglichkeiten und den kritischen Gesellschaftsbezug als vernünftiger Wissenschaftsinhalt gekämpft. So werden praktisch kooperativ die Lebensbedingungen für alle humaner gestaltet.

Das geht den Meinungsmachern des massiven Verdummungskonzerns Springer entschieden zu weit. Herr Franz-Josef Wagener, gefühlter Chef-Agitator für alles Reaktionäre, entlarvt denn auch die größten Feinde „Deutscher“ Spitzenwissenschaft: 68er, Ökos und Hitler. Kurz und gut: wer verändern will ist Faschist. Hinter jeder sozialen Progression lauere die Diktatur.

Auf dieser politischen Grundlinie ist auch die jüngste Denunziation vom 18.12.2007 gegen den Gebührenboykott in der Gebremster-Schaum-Springerzeitung „Hamburger Abendblatt“ zu begreifen. Unterschied zur Bild: Engagierte für soziale Verbesserung sind keine Nazis sondern nur so verrückte Spinner. Autor Florian Kain, einst als Student im RCDS mit Burschenschaftern organisiert und heute CDU-Mitglied, bemüht sich dort nach Kräften den Boykott und seine politische Wirkung „kleinzureden“, sowie die massenhafte Akzeptanz der Gebühren herbeizufabulieren. Die universitäre Realität aber spricht eine andere Sprache. Die auf Grundlage erkämpfter Kriterien von Gebühren Befreiten und Boykotteure bilden zusammen weit mehr als die Hälfte der Universitäts-Studierenden. Nicht Bravheit sondern kritische Aufmerksamkeit und die lebendige Auseinandersetzung um den Unfug von Gebühren, restriktiven Ba-Studiengängen und STiNE-Kontrolle bestimmen die Alltagskultur. By the way: Selbstverständlich ist anders als im Artikel behauptet sichergestellt, daß allen Boykott-Studierenden, für die das Geld am Freitag an die Uni überwiesen wird, keine Nachteile oder Unannehmlichkeiten entstehen.

Nicht der Boykott ist gescheitert, die Gebühren sind gescheitert. Daran und am danach Folgenden sollte weiter mit Nachdruck gearbeitet werden. Der „Extra“-Boykott (Für Beteiligung: siehe www.gebührenboykott.de) ist in diesem Zusammenhang eine sinnvolle und solide Angelegenheit.

P.S.: Unipressesprecherin Viola Griehl und AStA-Vorstand Thorsten Hönisch, die sich bereitwillig für den Schmäh-Artikel zur Verfügung stellten, sollten dringend die Richtung ihres Denkens überprüfen.

http://www.fsrk.de/artikel_17.html [Stand 19. Dezember 2007]


Die Springerpresse und die Studierendenbewegung.